Von Kathrin Drinkuth

Ravensburg - Nur ein rot-weißes Absperrband deutet gestern auf die Tragödie hin, die sich in dem Haus im Ravensburger Ortsteil Untereschach abgespielt hat. Nach jahrelangen Beziehungskonflikten hat offenbar ein 53-Jähriger in Ravensburg seine Frau und seine beiden Stieftöchter mit einem Beil und einem Messer umgebracht.

Er hatte die Bluttaten nach Erkenntnissen der Polizei vorbereitet. Womöglich habe er aus Verzweiflung gehandelt, weil seine Frau einen neuen Freund gehabt habe, sagte der Vizepräsident des Polizeipräsidiums Konstanz, Uwe Stürmer, gestern in Ravensburg. Der Mann überraschte seine 37 Jahre alte Ehefrau und die beiden Stieftöchter im Alter von 14 und 18 Jahren m Schlaf und tötete sie. Eines der Opfer habe kurz vor dem Tod noch einen Notruf absetzen können. Der Familienvater gestand die Verbrechen. Er sitzt wegen dreifachen Mordes in Untersuchungshaft. „Wir gehen von einer heimtückischen Begehungsweise aus“, sagte Oberstaatsanwalt Karl-Josef Diehl. Eine fünf Jahre alte gemeinsame Tochter des Paares überlebte die Tat - sie hatte nach Angaben der Beamten geschlafen und von der Attacke nichts mitbekommen. Allerdings plante der Vater, auch dieses Kind später zu töten. Dies sei durch das rasche Eintreffen der Ermittler nach dem Notruf verhindert worden, berichtete die Polizei.

Als Motiv für die Taten vermuten die Beamten einen Ehestreit. Die Beziehung des Mannes und seiner aus Thailand stammenden Frau sei bereits über Jahre hinweg schwierig gewesen, sagte Stürmer. Vor kurzem habe der Mann dann erfahren, dass die Frau einen Freund habe. Der 53-Jährige sei wegen der Streitigkeiten „massiv verzweifelt“ gewesen.

In der Tatnacht habe der Mann bewusst gewartet, bis seine Frau und die Töchter im Bett waren, schilderte Stürmer. Er habe zunächst die 18-Jährige im Schlaf getötet und sei dann auf die Mutter losgegangen, die wach geworden war. Die Frau habe noch versucht zu flüchten, sei aber vom mutmaßlichen Täter überwältigt und getötet worden. Auch das dritte Opfer - das 14-jährige Mädchen - sei aufgewacht. Sie habe vermutlich noch den Notruf abgesetzt, sagte Stürmer. Parallel dazu sei die Polizei auch aus der Nachbarschaft alarmiert worden, weil Anwohner Schreie gehört hatten.

Die Polizei drang über die Terrassentür in die Doppelhaushälfte ein. Dort sei sie auf den 53-Jährigen getroffen, der seine kleine Tochter im Arm hielt. Bei der weiteren Durchsuchung des Hauses bot sich den Beamten den Angaben zufolge dann ein grausames Bild: Über drei Geschosse hinweg verteilt fanden sie die drei Leichen. Zudem fanden die Beamten mehrere Briefe, die unter anderem an die Polizei adressiert waren.

Der 53-Jährige habe vorgehabt, auch sich selbst und das fünfjährige Kind zu töten. „Er wollte es nicht in der Wohnung tun, sondern an einem bestimmten Ort im Nahbereich im Freien.“ Die Fünfjährige sei nun in Obhut des Jugendamtes.

Bereits Monate vor der Bluttat hatte es nach Angaben der Polizei Streitigkeiten in der Familie gegeben. Die Polizei sei am 20. März vor Ort gewesen, da es Streit in der Beziehung gegeben habe, sagte Stürmer. Die Ehefrau, die der 53-Jährige vor elf Jahren in Thailand kennenlernte, habe versichert, sie habe keine Angst vor ihrem Mann. Einen Platzverweis für ihn habe sie damals abgelehnt.

Es ist sonnig an diesem Freitag in Untereschach, nur ein leichter Wind lässt die Deutschlandflaggen flattern, die Nachbarn im Ort aufgehängt haben. Auch die Doppelhaushälfte in der Seitenstraße eines Neubauviertels sieht am Tag nach der Tat idyllisch aus. Von gelegentlich sichtbaren Männern der Spurensicherung in weißen Anzügen abgesehen. Eine ordentlich geschnittene Hecke umgibt den Garten, eine gelb-weiß gestreifte Markise schützt die Terrasse vor Sonnenlicht. Auf dem Balkon darüber steht noch ein Wäscheständer mit frisch gewaschener Kleidung.