Ein Baum in Ulm zeigt deutliche Bissspuren eines Bibers. Quelle: Unbekannt

Stuttgart (lsw) - Der Biber ist ein faszinierendes Tier - der kleine Nager bringt dicke Bäume zu Fall und baut aus dem Holz Dämme. Das geschützte Wildtier breitet sich schnell aus im Südwesten. Zu schnell? Landesagrarminister Peter Hauk (CDU) zieht nun in Betracht, das Tier zu bejagen.

Der geschützte Biber könnte künftig ins Visier von Jägern geraten. „Der Biberbestand nimmt so überhand, dass wir seinen Bestand mittelfristig managen müssen“, sagte Ressortchef Hauk in Stuttgart. „Dabei müssen wir auch über die Möglichkeit nachdenken, Fallen zu stellen und ihn so zu bejagen.“ Nach Angaben des Ministeriums hat sich sein Bestand in Baden-Württemberg seit 2008 von 1000 auf 3500 erhöht. „Der Biber breitet sich extrem schnell aus, weil er sich wahnsinnig schnell fortpflanzt.“

2018 will Hauks Agrarministerium zusammen mit dem dem von Grünen-Politiker Franz Untersteller geführten Umweltressort einen Bericht über Wildtiere vorlegen. „Es geht um Bestände, die bedroht sind, wie das Auerhuhn, aber eben auch um Bestände, die überhandnehmen, Beispiel Biber“, sagte der CDU-Mann. Selbst anordnen könnte der Minister die Jagdfreigabe nicht. „Der Biber unterliegt derzeit dem Naturschutz, dafür ist das Umweltministerium zuständig“, sagte Hauk. „Wenn wir Verbesserungen der momentanen Situation erzielen wollen, machen wir das gemeinsam - das weitere Vorgehen geschieht dann aber auf Basis dieses Wildtierberichts.“

Im Umweltministerium sieht man das Thema Biber ganz anders - und zwar positiv. „Durch die Aktivitäten des Bibers wird die Strukturvielfalt an Gewässern und damit auch die Artenvielfalt sowie die Selbstreinigungskraft von Fließgewässern erhöht“, sagte Ressortsprecher Frank Lorho. Die Entwicklung der Biberpopulation sei „ein Erfolg für den Artenschutz - nicht nur für die Art selbst, sondern auch für weitere Arten, die sich bei höherer Strukturvielfalt ansiedeln können“. Zudem verwies er darauf, dass es in Bayern 20 000 Biber gebe - deutlich mehr als hierzulande.

Behörden beraten Landwirte

Waldbesitzer und Landwirte werden im Umgang mit den Tieren bereits von den Behörden beraten. „Bei der Behinderung des Wasserabflusses durch Biberdämme werden zum Beispiel Dammdrainagen eingebaut oder Umgehungsgerinne angelegt“, sagte Lorho. In Einzelfällen können Dämme entfernt werden. Außerdem äußerte er rechtliche Vorbehalte: Zur Bejagung des Bibers - einer geschützten Art - fehle dem Land die Regelungskompetenz, da es um das Bundesnaturschutzgesetz gehe.

Die Äußerungen von Hauk machen aber deutlich, dass der CDU-Teil der Regierungskoalition etwas tun will bei dem Thema. Es gebe „enorme Schäden“ in der Landwirtschaft und generell im ländlichen Raum durch das Nagetier, das mit seinen Zähnen selbst dicke Bäume kippen lässt, sagte Hauk. Durch die wegen des Bibers angestauten Wassermassen an praktisch allen Flüssen Baden-Württembergs würden Feldwege unterspült sowie Äcker überschwemmt. Auch Dämme an Flüssen, etwa an der Donau, würden beschädigt. „Das ist ein Problem für die Wasserstraßen-Bauer, für den Hochwasserschutz und generell für die Bebauung.“ Daher sollte man dringend etwas tun, sagte der CDU-Politiker.

Zustimmendes Nicken gab es beim Landesjagdverband. Sollte sich im Wildtierbericht 2018 herausstellen, dass der stark gestiegene Biberbestand massive Schäden verursache, müsse die Aufnahme des Bibers ins Jagdrecht ergebnisoffen geprüft werden, teilte der Verband mit. Die Äußerungen von Hauk seien „ein wichtiger Anstoß in der Diskussion über den Umgang mit wieder einwandernden Wildarten“.

Widerspruch kam vom Naturschutzbund Nabu. „Wir sind klar gegen die Einstufung des Bibers als jagdbare Art“, sagte Sprecher Hannes Huber. Es gebe dazu keine Veranlassung. „Bei gravierenden Schäden gibt es jetzt schon die Möglichkeit, die Tiere umzusiedeln oder zu entnehmen“, sagte der Umweltschützer. Der Nabu empfindet die Rückkehr des Bibers als „echten Lichtblick“ in einer wenig erfreulichen Gesamtentwicklung, bei der „viele andere Tierarten am Abgrund stehen und akut vom Aussterben bedroht sind“.

Der Biber in Europa

Der Biber war im 19. Jahrhundert in Europa fast ausgerottet. Begehrt war sein Fell, sein Drüsensekret mit angeblich heilender Wirkung und sein Fleisch - der Wasserbewohner galt als Fisch und wurde daher auch in der Fastenzeit gern von Mönchen gegessen. Neben der Jagd machte ihm die veränderte Naturlandschaft zu schaffen - der Mensch baute Flüsse zu gut nutzbaren Verkehrswegen aus oder er legte Feuchtgebiete trocken, was den Lebensraum des Bibers einschränkte. Von den Seen und Tümpeln, die durch die Dämme des Bibers entstehen, profitieren auch andere Tiere, etwa der Fischotter. In Deutschland sind Elbe, Oder und Donau sowie deren Nebenflüsse ein wichtiger Lebensraum des 20 bis 30 Kilo schweren Nagetiers.