Stehen in der Kritik: Winfried Kretschmann und Thomas Strobl. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Stuttgart (lsw) - Zunächst geheimgehaltene Nebenabsprachen zum grün-schwarzen Koalitionsvertrag sorgen weiter für heftige Kritik. „Politische Absprachen über die Politik der nächsten Legislaturperiode gehören in den Koalitionsvertrag, damit alle Wählerinnen und Wähler wissen, welche Politik in ihrem Namen in den kommenden fünf Jahren im Land gemacht werden soll“, sagte Vize-Verdi-Chef Martin Gross gestern in Stuttgart. Am Abend veröffentlichten Grüne und CDU überraschend das umstrittene Dokument.

Am Wochenende war bekanntgeworden, dass Grüne und CDU in einem Dokument neben dem Koalitionsvertrag Milliardenausgaben vereinbart hatten, obwohl das Land sparen muss, da ab 2020 grundsätzlich keine neuen Kredite mehr aufgenommen werden dürfen. Die Opposition zeigte sich entsetzt. Sprecher der Regierungsparteien teilten in getrennten, aber fast wortgleichen Erklärungen mit, sie bedauerten es, dass das Vorgehen „zu Irritationen und Missverständnissen geführt hat“. Der Landtag will morgen über das Thema diskutieren. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) dürfte sich auch auf viele Fragen bei seiner heutigen Regierungs-Pressekonferenz gefasst machen. Dem Vernehmen nach trat die CDU dafür ein, die Nebenabreden zu veröffentlichen, da sie jetzt ohnehin in der Welt waren. Dabei sollen es ursprünglich die Grünen gewesen sein, die die Idee der Nebenabreden zum Koalitionsvertrag überhaupt erst in die Koalitionsverhandlungen gebracht haben. Grund sollen Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit der SPD in der vergangenen Legislaturperiode, aber auch der schwarz-grünen Koalition im benachbarten Hessen gewesen sein. Ein Regierungssprecher betonte, Grüne und CDU seien sich absolut einig, die Politik auf Pump endgültig beenden zu wollen. „Dieses Wort steht - und dieses Wort gilt.“ Wenn an einer Stelle Geld für wichtige Investitionen ausgegeben werde, müsse woanders gespart werden. „Zugleich müssen wir in wichtige Bereiche wie Innere Sicherheit, Digitalisierung und Infrastruktur investieren.“ Zudem hätten die Koalitionspartner nie bestritten, dass es Nebenabreden gebe, um einige Ziele des bundesweit ersten grün-schwarzen Koalitionsvertrags zu konkretisieren, deren Umsetzung und die Zusammenarbeit in der Koalition zu erleichtern.

„Absicherung des Vereinbarten“

Auch Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand rechtfertigte gestern die Nebenabreden. „Wo dies nötig ist, konkretisieren sie das, was im Koalitionsvertrag dargelegt ist“, erklärte er. „Sie schaffen Vertrauen und Verlässlichkeit zwischen den Koalitionspartnern, weil sie verhindern, dass später unterschiedliche Interpretationen und damit mögliche Konflikte entstehen.“ Es gehe dabei nicht etwa um politische Geheimniskrämerei, sondern um eine zusätzliche Absicherung des gemeinsam Vereinbarten, sagte der Grüne, der zum linken Parteiflügel gehört. DGB-Vizelandeschefin Gabriele Frenzer-Wolf kritisierte das Vorgehen hingegen: „Die Zeiten der Hinterzimmerpolitik sollten eigentlich vorbei sein. Doppelbödigkeiten und geheime Verabredungen passen überhaupt nicht zu einem transparenten und beteiligungsorientierten Politikstil.“