Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen - r) und der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) treffen sich am 18.08.2016 in Stuttgart Foto: dpa

Vor einem Monat wurden das erste Mal Nebenabsprachen der grün-schwarzen Koalition bekannt. Regierungschef Kretschmann hatte sie verteidigt. Die «Südwest Presse» berichtet nun über neue geheime Vereinbarungen vor allem zu konkreten Sparzielen.

Die grün-schwarze Landesregierung hat nach einem Bericht der «Südwest Presse» in weiteren geheimen Nebenabsprachen unter anderem den Abbau von 5000 Stellen sowie eine höhere Grunderwerbssteuer vereinbart. Die Zeitung hatte bereits Mitte Juli Nebenabsprachen zwischen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und dem CDU-Koalitionspartner öffentlich gemacht. Kretschmann bestätigte die Absprachen und zog damit breite Kritik auf sich.

Nach dem Bericht der Zeitung (Samstag) will die Regierung die Grunderwerbssteuer in dieser Legislaturperiode um 1,5 Punkte auf dann 6,5 Prozent erhöhen. Das solle dauerhaft 300 Millionen Euro jährlich zusätzlich in die Landeskassen spülen. Die «Südwest Presse» beruft sich auf ein weiteres, bislang geheim gehaltenes Zusatzdokument zum offiziellen Koalitionsvertrag. Das Papier trage die Unterschriften von Kretschmann und von CDU-Landeschef und Innenminister Thomas Strobl.

Die Landesregierung bestätigte den Inhalt der Nebenabsprachen zunächst nicht. Ein Regierungssprecher verwies auf frühere Aussagen Kretschmanns, nach denen die Absprachen nicht öffentlich seien, um die Position des Landes bei den Verhandlungen mit Verbänden oder dem Beamtenbund nicht zu schwächen.

Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) hatte bereits im Mai der «Badischen Zeitung» in Freiburg gesagt, dass die Grunderwerbssteuer erhöht werden solle, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Wie die «Südwest Presse» weiter berichtet, verpflichteten sich Kretschmann und Strobl in dem Zusatzdokument zu strukturellen Maßnahmen. Diese sollen in der Endstufe bis 2020 zu Einsparungen von dauerhaft 1,8 Milliarden Euro jährlich führen.

Auch die «Schwäbische Zeitung» hatte zuletzt unter Berufung auf Strobl von weiteren Nebenabsprachen geschrieben, allerdings ohne Details. «Unser oberstes Ziel ist die Sanierung des Landeshaushalts. Da kann es keine Tabuzonen geben. Wie wir konkret vorgehen werden, wird bei den Haushaltsverhandlungen entschieden», sagte Strobl.

Auch die Kommunen sollen nach dem Bericht der «Südwest Presse» zur Kasse gebeten werden: Es geht demnach um einen «Konsolidierungsbeitrag» von zusätzlich bis zu 300 Millionen Euro pro Jahr. Die Pläne würden auch die Streichung von 3500 Stellen im Landesdienst umfassen. Zudem sollten durch die Einführung von «Lebensarbeitszeitkonten» zusätzlich 1500 Stellen überflüssig werden. Der Abbau von insgesamt 5000 Stellen bis 2020 ergibt demnach in der Endstufe jährliche Einsparungen von 250 Millionen Euro.

Dem Zeitungsbericht zufolge sind außerdem «Eingriffe bei der Besoldung» der Beamten geplant. Das könne den Landesetat um weitere 500 Millionen Euro jährlich entlasten. Bei den Pensionären plane das Land eine «moderate Absenkung», die die Ausgaben um 50 Millionen drücken soll. Der offizielle Koalitionsvertrag erwähnt dagegen keine konkreten Sparinstrumente, wie das Blatt betont.

Regierungschef Kretschmann hatte die Nebenabsprachen zum Koalitionsvertrag verteidigt. Sie dienten dazu, Konflikte zwischen den Koalitionspartnern in der fünfjährigen Regierungszeit zu vermeiden, hatte er am 19. Juli gesagt. Er begründete das Papier mit seinen Erfahrungen mit der SPD in der grün-roten Landesregierung. Nach massiver Kritik an dem «Geheimpapier» aus Stuttgart hatten Grüne und CDU es im Internet veröffentlicht.

Auf die Frage, ob das Papier nicht der von den Grünen hochgehaltenen Transparenz in der Politik entgegen stehe, meinte Kretschmann: «Irgendeinen Tod muss man halt sterben.» Es sei nötig, in der Politik Absprachen hinter den Kulissen zu treffen. «Das geht doch anders gar nicht. Alles andere ist hochgradig naiv.» Auch er müsse manchmal dealen und mauscheln. «Man muss es nur in Grenzen halten und darf es nicht zur Grundlage der Politik machen.»