Der Angeklagte gestern im Gerichtssaal in Ravensburg. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Axel Pries

Ravensburg - Es ist die Rede von heftiger Eifersucht, von Problemen und Streit, und es geht um die Frage, ob der 82 Jahre alte Angeklagte im Prozess um einen Mordversuch an seiner Geliebten schuldfähig ist. Der Mann aus dem Allgäu soll versucht haben, die inzwischen über 90 Jahre alte Frau umzubringen. Deshalb steht er seit gestern vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht Ravensburg.

Was genau ist passiert an jenem 11. September 2016 in der Nähe von Ravensburg? Welche Vorgeschichte hat zu der ungewöhnlichen Tat geführt? Der verheiratete 82-Jährige, der einen unsicheren, zeitweise abwesenden Eindruck macht, will keine Angaben machen. Sein Rechtsanwalt verliest aber in seinem Namen eine Erklärung, in der er die Tat einräumt. So kommt einer vom Gericht bestellten Psychiaterin von der Forensischen Klinik Weißenau die Aufgabe zu, das Leben des Angeklagten und die Geschichte der Liebschaft zu erläutern, die in den 90er-Jahren begonnen und nach wachsenden Spannungen in der Ehe wie in der Affäre zu der Tat auf einem Ausflugsparkplatz geführt haben soll.

Die Attacke, so die Gutachterin, habe der Angeklagte widersprüchlich geschildert: als Verzweiflungstat eines Lebensmüden oder als unbeabsichtigtes Unglück beim Versuch, die damals 90-Jährige lediglich einzuschüchtern. Und das alles nach einem bescheidenen, aber lange zufriedenstellenden Leben als zweifacher Familienvater, wie sie ausführt. Er neigt weder zu Alkohol noch zu Drogen, aber das Ehepaar besucht gern Stammtische. Erste Probleme treten auf, als nach 30 Jahren das Körperliche in der Ehe in den Hintergrund tritt.

Bei einem Stammtischbesuch lernt das Paar das spätere Opfer kennen. „Am Anfang war es ein freundschaftlicher Kontakt“, erläutert die Psychiaterin. Doch es habe sich eine Liebschaft entwickelt, die sich auch fortsetzt haben soll, als die Ehefrau dahintergekommen sei und mit Konsequenzen gedroht habe - dann aber heimlich.

Kurz vor dem Tattag soll sich die Situation zugespitzt haben, als sich auch die Ehefrau von dem untreuen Mann abwendete. Der Gedanke an Selbstmord sei aufgetaucht, berichtet die Psychiaterin - und damit auch die Kleinkaliber-Pistole, die der frühere Sportschütze immer noch besitzt.

Auch beim letzten Treffen mit der Geliebten im Auto hat der Angeklagte die Waffe dabei. Was dann geschieht, schildert ein Polizeibeamter. Er kommt zufällig auf den Parkplatz, als der Angeklagte neben der Autotür auf die am Boden liegende Frau einschlägt. Zuvor soll er ihr mit der Pistole in den Nacken geschossen haben. Der Polizist überwältigt den Angeklagten, das Opfer überlebt. Der Prozess wird kommende Woche mit weiteren Zeugenaussagen fortgesetzt.