Karlsruhe (lsw) - Ein Gratis-Lehrbuch soll Flüchtlingen in Erstaufnahmestellen deutlich schneller als bisher den Einstieg in die deutsche Sprache ermöglichen. Ein entsprechendes Werk einer Karlsruher Bürgerinitiative wurde gestern vorgestellt. Damit können Asylbewerber unentgeltlich und sofort die Sprache lernen und müssen nicht erst auf ihre Anerkennung warten.

Das Buch wurde aus Spenden und Einnahmen aus einem Benefizkonzert finanziert. Es soll zunächst an Karlsruher Erstaufnahmestellen zum Einsatz kommen. Das Buch „Deutsch-Bausteine. Deutsch für Flüchtlinge“ richtet sich an alle Neuankömmlinge: „Wir wollen damit Kinder ebenso wie Erwachsene, Analphabeten oder Menschen mit niedrigem Bildungsstand ebenso wie Akademiker erreichen“, sagte Holger Meister, der das Projekt „Refucation“ mitinitiierte. Damit kann unterrichtet werden, ohne dass teure Urheberrechtsgebühren etwa für Kopien oder die Anschaffungspreise für die oft regulären Lehrbücher anfallen. Den Selbstkostenpreis für die erste Auflage von 7500 Exemplaren bezifferte Meister auf mehr als 10 000 Euro.

„Es gibt natürlich längst fantastische Lehrbücher für Flüchtlinge“, sagte Christine Geesing, die das didaktische Konzept des Buches erstellt hatte. Entscheidend sei aber, dass „Deutsch-Bausteine“ gratis sei und jeder Flüchtling es einfach mitnehmen oder auch im Internet herunterladen könne. Ein ähnliches Projekt ist der in Bayern entwickelte „Deutschkurs für Asylbewerber - Thannhauser Modell“. Allerdings sind diese von zwei Schulleitern entwickelten Arbeitshefte nicht gratis. Insgesamt spielten derart erarbeitete Materialien eine wichtige Rolle, „dass Flüchtlinge theoretisch erworbenes Sprachwissen auch praktisch anwenden können“, sagte dazu eine Sprecherin des Integrationsministeriums.

Das Karlsruher Gratis-Lehrwerk ist in drei Teile gegliedert. Zunächst stellt es jeden Buchstaben des Alphabets vor - inklusive Beispielen in Form von Hauptwort, Verb und Adjektiv. Dann folgt ein Thementeil in dem Bereiche wie Nahrungsmittel, Uhrzeit, Wetter oder Ausrufe erklärt und bebildert werden: Beim Wort „Hilfe“ fürchtet sich auf der Zeichnung ein Junge mit schreckverzerrtem Gesicht vor einem Hund. „Tot“ zeigt einen auf dem Rücken liegenden Vogel. Im dritten Teil wird die Grammatik erklärt. Verben kommen nur im Präsens vor. Deutschlandweit hatten sich nach einem Facebook-Aufruf zahlreiche Illustratoren gemeldet, um für das Buch zu zeichnen.

„Wir hoffen auf einen Schneeball-Effekt und darauf, das Buch bald landesweit und vielleicht auch bundesweit vertreiben zu können“, sagte Meister. Als nächstes ist eine Stuttgarter Auflage geplant, für die die dortige Flüchtlingshilfe im Juli noch ein Benefizkonzert organisieren will.