Ein Sicherheitsmitarbeiter begleitet einen Asylbewerber. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Christine Luz

Sigmaringen - Hohe Zäune, Ausweiskontrollen, Männer mit gelben Sicherheitswesten auf dem Gelände und in den Fluren. Dieses Bild bietet sich derzeit in der Landeserstaufnahmestelle (Lea) in Sigmaringen. „Wir tun hier alles, um ein Gefühl der Sicherheit der Menschen innerhalb und außerhalb der Lea zu gewährleisten“, sagt Regierungspräsident Klaus Tappeser. Denn rund um die Einrichtung gibt es immer wieder Probleme.

Erst am Dienstag hatten knapp 400 Polizisten die Gebäude nach einer Schusswaffe durchsucht - und mehrere Drogenverstecke gefunden. Am Mittwoch brannte es in einem Zimmer. Die Lea sei eine Einrichtung, die „nicht immer leicht im Betrieb“ sei, sagt Tappeser bei einem Besuch gestern.

Tatsächlich häufen sich die Delikte rund um die Lea. Die Polizei hat deswegen sogar eine eigene Ermittlungsgruppe für die Einrichtung eingesetzt - und diese erst jüngst auf zehn Köpfe nahezu verdoppelt. Tappeser sagt, über einen eigenen Polizeiposten auf dem Gelände werde diskutiert. „Diese zehn Polizisten sind sehr ausgelastet“, sagt Revierleiter Alexander Canadi. Seit Januar mussten ihm zufolge die Beamten rund 100 Mal zur Lea ausrücken und sich mit Diebstählen, Gewaltdelikten und Alkoholexzessen auseinandersetzen.

Die Haupttäter sind bekannt: Die Polizei hat eine kleine Gruppe von Marokkanern ausgemacht, die hinter den vermehrten Straftaten stecken soll. In der Innenstadt kam es immer wieder zu Ladendiebstählen, auch dort will die Polizei ihre Präsenz verstärken.

Zahl der Sicherheitsbeamten erhöht

Er habe noch am Mittwoch mit der Gruppe gesprochen, die im Verdacht steht, den Brand im Zimmer gelegt zu haben, sagt Tappeser. „Alle haben versichert, in ihren Betten gelegen zu haben“, erläutert er die Schwierigkeit, Einzeltäter zu identifizieren.

Trotz der Probleme soll die Lea zur größten von vier dauerhaften Erstaufnahmestellen im Land ausgebaut werden - neben Ellwangen, Karlsruhe und Freiburg. Bis zu 1250 Plätze für Flüchtlinge stehen zur Verfügung, derzeit sind rund 850 belegt. Die Einrichtung ist bemüht, die Konflikte unter Kontrolle zu bringen - etwa indem Christen und Muslime in verschiedenen Gebäuden untergebracht werden. Die Flure von zwei Gebäuden, in denen es besonders oft Ärger gibt, werden seit gestern zudem videoüberwacht. Als Anfang des Jahres der Sicherheitsdienstleister wechselte, wurde die Zahl der Sicherheitsbeamten gleich mit erhöht.

Weil die Feuerwehr immer wieder wegen Brandalarms ausrücken musste, gab es auch hier eine Änderung. „Zu 95 Prozent handelt es sich um Fehlalarm“, sagt Kevin Dorsch, Projektmanager des Sicherheitsdienstleisters. Deshalb haben die Sicherheitsbeamten nun nach einem Alarm drei Minuten Zeit, um ihn zu prüfen. Dorsch zufolge erwischen sie meistens junge Männer, die auf ihren Zimmern rauchen. Wirkliche Strafen drohen nicht.

„Machen sich ein Spiel daraus“

„Manche machen sich ein Spiel daraus“, sagt Dorsch. Die Sicherheitsbeamten kontrollieren außerdem Taschen, um zu verhindern, dass Drogen, Waffen oder Alkohol auf das Gelände kommen, auch Glasflaschen sind inzwischen verboten. Wenn Bewohner das Gelände der Lea betreten oder verlassen, müssen sie am Eingang eine Art Ausweis mit Strichcode vorhalten. So versucht die Einrichtung, einen Überblick zu behalten. „Es ist wie ein Flohhaufen, den wir hier haben“, sagt der Leiter der Lea, Fabian Heilmann. Er sieht eine Ursache für den Anstieg der Delikte darin, dass inzwischen mehr Männergruppen als Familien in der Unterkunft leben. „Die Probleme aber nur auf den Frust junger Männer auf einen abgelehnten Asylantrag zu schieben, greift zu kurz“, sagt er. „Auf engem Raum entstehen schnell Konflikte und dann gibt es immer noch die, die sich einfach nicht benehmen können.“ Ein weiterer Punkt: Langeweile. Daher baut die Einrichtung nun das Freizeitprogramm aus.

In der Stadt gibt es schon länger Proteste gegen die Vergrößerung der Einrichtung. Gefordert wird unter anderem eine Schließung bis 2020 und eine Reduzierung der Flüchtlinge auf lediglich 500. „Wir wollen die Sigmaringer nicht benachteiligen“, sagt Tappeser. Aber man wolle auch keine Schutzbedürftigen abweisen, nur weil eine kleine Gruppe Ärger mache. Er betonte, man sei in Verhandlungen mit der Stadt. „Zum Schluss steht ein Kompromiss.“ Wie der aussehen kann, ließ er offen.