Quelle: Unbekannt

Andere Länder - andere Esssitten. Ist deshalb ein Nicht-Schwabe überhaupt im Stande, ein perfektes Fasnetsküchle zu erkennen geschweige denn zu „erschmecken“? Insbesondere, wenn sein Gaumen durch seine türkische Herkunft anderes Süßgebäck gewöhnt ist? Denn in der Türkei wird ein Dessert nach dem Frittieren schon auch in Zuckersirup eingelegt. Dennoch lasse ich mich auf das Experiment ein und versuche herauszufinden, was eigentlich das Geheimnis der süßen Leckereien ist, die hierzulande während den närrischen Tagen verzehrt werden.

Eines habe ich schnell gelernt: An Fasnetsküchle scheiden sich die Geschmacksgeister. Denn die einen mögen sie nur mit Füllung, egal ob Marmelade oder Creme. Mit Füllung, so habe ich mir erklären lassen, wäre es jedoch ein Berliner und kein Fasnetsküchle. Doch gibt es dann überhaupt Unterschiede. Zumindest bei fünf Cannstatter Bäckereien habe ich verschiedene Erkennungsmerkmale entdeckt und erschmeckt. Doch eines vorneweg: Lecker waren sie alle auf ihre ganz spezielle Art.

Die Zutaten an sich sind recht simpel. Die Grundlage ist ein Hefeteig, der meistens aus Mehl, Hefe, Zucker, Milch, Eiern, Salz und einer ordentlichen Menge Butter besteht. Der Teig muss ruhen und anschließend muss man ihn gären lassen. „Je länger, desto mehr Kruste bekommt er“, erklärt mir Bäcker Gerhard Sailer. Beim Frittieren benutzen die meisten Bäcker Erdnussfett. Ungefähr drei Minuten müssen sie dann pro Seite gebacken werden. Und zu allerletzt das wichtigste: Sie werden in Zucker gewälzt. Bäcker Sailer produziert von seinen Fasnetsküchle mehrere 100 Stück am Tag und an den eigentlichen Fastnachts-Feiertagen auch mal bis zu 1500 Stück am Tag.

Doch wo kommen sie eigentlich her, die typisch schwäbischen Dickmacher zu Fasnetszeit? Im späten Mittelalter galten sehr strenge Fastenregeln und so durften die Menschen am Schmutzigen Donnerstag zum letzten Mal vor der Fastenzeit schlachten. Damit das Fett nicht verdarb, backten die Menschen daraus Fasnetsküchle und Fettgebäck. Dieses heiße Fett wird auf Alemannisch Schmotz genannt. Daher auch der Name „Schmotziger Dunschtig“.

Beim Blick auf die Rezeptur wird dann auch deutlich, dass man bei einer Diät besser auf andere Kost setzen sollte. „In unseren Teig machen wir viel Butter rein“, erklärt Bäcker Andreas Treffinger. Darüber hinaus arbeiten Kollegen auch mal mit Rum, Vanille oder Zitrone und verpassen dadurch ihren Fasnetsküchle ihre ganz individuelle Note. „Unser Rezept hat mein Großvater erfunden und ich mache es daher genauso wie er“, sagt Bäckermeister Hermann Schurr.

Ein Blick in die Backstuben verrät mir schnell: Jeder Bäcker hat seinen eigenen Dreh und für den Feinschliff, das betonten sie alle, bedarf es Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Die meisten Unterschiede zeigten sich beim Gären des Teiges. Manche lassen ihn eine halbe Stunde gären, andere bis zu eineinhalb Stunden, bis sie ihn weiter verarbeiten. Einige schwören dabei auf ein ganz bestimmtes Aussehen. „Unsere werden mit der Hand geformt“, sagt Gerhard Sailer. Verbreitet ist, sie rechteckig zu machen. Doch auch da gibt es optische Unterschiede.

Auch wenn ich nach meinem zwar kleinen, aber kalorienreichen Testessen feststellen muss, dass ein Krapfen mit Füllung mir nach wie vor lieber ist, muss ich zugeben, dass hinter der variante ohne Marmelade- oder Cremefüllung mehr steckt, als ich es vor dem Reinbeißen vermutet hätte. Denn lecker waren sie alle, die schwäbischen Verführungen.