Allein die Reinigung des Metallmantels würde regelmäßig einen fünfstelligen Betrag kosten. Foto: Nagel Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Seit 13 Jahren steht die 17 Meter hohe Wassersäule samt Brunnenanlage auf dem Wilhelmsplatz. Zu einem neuen Wahrzeichen, wie damals Bezirksvorsteher Hans-Peter Fischer hoffte, wurde die stählerne Konstruktion mitnichten. Im Gegenteil: Für viele Cannstatter ist sie einfach nur hässlich. Gerhard Veyhl, Sprecher der Freien Wähler im Bezirksbeirat, schlägt jetzt vor, den Brunnen stillzulegen, umzugestalten und aus der Wasser- eine digitale Infosäule zu machen.

Bad Cannstatt hat viele Brunnen. Darunter berühmte wie den Erbsenbrunnen in der Marktstraße oder historisch bedeutsame wie den Juno-Brunnen im Kurpark. Manche jüngere - etwa die Weinpresse vor dem Alten Rathaus - haben ein ansprechendes Design, andere, wie der flache Trog vor dem Verwaltungsgebäude, sind eher nichtssagend. Ein Brunnen sticht jedoch hervor: die 17 Meter hohe metallene Wassersäule auf dem Wilhelmsplatz.

Doch die meisten Cannstatter verfluchen den 10. September 2003. An diesem Tag drückte OB Wolfgang Schuster einen roten Knopf, rief laut „Wasser marsch“ und setzte den neuen Brunnen samt Wassersäule in Betrieb. „Hätte er es besser mal nicht getan“, haben viele Bürger damals schon geunkt, denn allein schon die Optik mochte niemanden zu überzeugen.

Untermauert wurde das schlechte Meinungsbild von einer Umfrage der Cannstatter Zeitung. 176 Leserinnen und Leser antworteten schriftlich, wobei 97 Prozent den Brunnen samt Platz als „hässlich“ bezeichneten. Die Kritiker machten dabei aus ihren Herzen keine Mördergrube und stellten die Gretchenfrage: „Warum hat die Stadt in Bad Cannstatt sich nicht für einen Brunnen aus Travertin, sondern aus Stahl entschieden?“

Brunnen als Mülleimer

Neben der Optik gab es jedoch ein echtes Problem: Die permanente Reinigung der Wasserbecken rund um den Brunnen und am Z-Übergang geht ins Geld. Daran hat sicher nicht der Architekt Schuld, sondern die vielen Passanten, die hier achtlos ihren Wohlstandsmüll entsorgten. Als weiteres Sorgenkind offenbarte sich die Wassersäule. Denn in 17 Metern Höhe herrschen andere Windverhältnisse, was oftmals zur Folge hatte, dass das hochgepumpte Wasser nicht die Säule wieder abwärts lief, sondern durch die Gegend geblasen wurde und Passanten zu einer unfreiwilligen Dusche verhalf. Bei den Stuttgarter Straßenbahnen und ihren Oberleitungen herrschte sogar Kurzschlussgefahr. Mittlerweile wurde ein „Windwächter“ oben angebracht. Sobald es hier zu stürmisch wird, schaltet sich die Wassersäule automatisch ab.

Angesichts der Mängelliste ist es für Gerhard Veyhl von den Freien Wählern deshalb überfällig, hier endlich ein Zeichen zu setzen. Sein Vorschlag: Die Brunnen stilllegen und umgestalten. Dabei könnte er sich neben mehr Pflanzen auch einen pflegeleichten Fontänenbrunnen analog zu dem geplanten auf dem Marktplatz vorstellen. „Auf diese Weise wäre das Thema Wasser wieder aufgegriffen“, so der Sprecher der Freien Wähler.

Werbemöglichkeit für Cannstatt

Auch für die Wassersäule hat er eine Idee: Warum soll sie nicht wie der Hochbunker auf dem Pragsattel zu einer digitalen Litfaßsäule umfunktioniert werden? „Dort können alle unsere Veranstaltungen - ob auf dem Wasen, im Stadion oder in der Altstadt - beworben werden“, so der Sprecher der Freien Wähler. Auch nachts, wo ein großer Strahler innerhalb der Säule entsprechende Lichtzeichen setzen könnte. Inspiriert für diese erste Idee für einen neuen Wilhelmsplatz wurde Veyhl auch durch die Zukunftswerkstatt, bei der die Umgestaltung des Verkehrsknotens ein ganz großes Thema ist und den Bürgern offenbar sehr am Herzen liegt. Die Freien Wähler fordern deshalb die Verwaltung auf, im Bereich der Wassersäule Vorschläge und Pläne auf Basis ihrer Ideen zu entwickeln.

Offenen Türen rannten sie bei ihren Bezirksbeiratskollegen bei der letzten Sitzung nicht gerade ein. Roland Schmid (CDU) sieht große Probleme, da das Brunnenensemble das Ergebnis eines Wettbewerbs gewesen sei. Die Grünen anerkennen zwar die Problematik, sehen jedoch für den Wilhelmsplatz das Thema Stadtbahnverkehr im Vordergrund. „Er hat in erster Linie funktionale Mängel“, so Peter Mielert. Mit diesem Hintergrund sollen die Freien Wähler ihren Antrag noch einmal formulieren, was Gerhard Vehyl sehr enttäuschte. „An einem großen Konzept - siehe Marktplatz - werden wir uns wie immer die Zähne ausbeißen.“