Die VHS-Räume in der Kreuznacher Straße 13 sind viel zu klein. Foto: Nagel Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Die Volkshochschule Stuttgart (VHS) möchte ihre Präsenz in den Stadtbezirken wieder stärken und dort ihre Angebotspalette erweitern. Das gilt auch für Bad Cannstatt, wo der Standort in der Kreuznacher Straße längst zu klein ist.

Ende der 80er-Jahre lud die VHS Bad Cannstatt noch in die Kreuznacher Straße 13 ein, um ihr Jahresprogramm vorzustellen. Mit Eröffnung des Treffpunkts Rotebühlplatz mit seinen modernen 53 Räumen änderte sich dies. Doch diese Zentralisierung hatte zur Folge, dass die Volkshochschulen in den Stadtteilen in Vergessenheit gerieten. Während heute der Treffpunkt jährlich rund 6000 Veranstaltung anbietet und insgesamt mehr als eine Million Besucher zählt, sind es in den Außenbezirken gerade einmal 600 Veranstaltungen. 167 waren es zuletzt in Bad Cannstatt.

„In den vergangenen 25 Jahren gab es eine Konzentration auf die Stadtmitte“, bestätigte die Direktorin Dagmar Mikasch-Köthner im Bezirksbeirat Bad Cannstatt. Doch vor zwei Jahren fasste der VHS-Aufsichtsrat den Grundsatzbeschluss, den Ausbau „der dezentralen und sozialraumorientierten Bildungsarbeit in den Stadtteilen“ wieder zu forcieren. Was wichtig ist: „Wir wollen nicht das bestehende Angebot exportieren, sondern an die jeweiligen Bedürfnisse und Rahmenbedingungen in den Außenbezirken anpassen.“

Den Anfang machten die Stadtteile im Norden der Landeshauptstadt. Jetzt möchte die VHS im Neckartal präsenter werden. „Bad Cannstatt war immer schon ein wichtiger Standort“, sagte Franziska Diller, Bildungs- und Projektmanagerin bei der VHS. Mit 350 Quadratmetern Fläche in der Kreuznacher Straße 13, die sich die VHS mit der Musikschule teilen muss, seien die Möglichkeiten jedoch stark begrenzt für neue inhaltliche Schwerpunkte. Die lauten unter anderem Integration und politische Bildung. Zudem sollen stadtteilspezifische Angebote ausgebaut werden. Außerdem strebe man noch mehr Kooperationen mit Einrichtungen vor Ort an. Bereits heute arbeitet die VHS etwa mit der Wilhelma, der Musikschule und einigen Vereinen im Stadtbezirk zusammen. „Dabei wollen wir Cannstatter Bürger als kompetente Ansprechpartner vor Ort - zum Beispiel als Kursleiter - verstärkt einbinden“, so Franziska Diller.

Schöne Ziele, doch angesichts von 113 000 potenziellen „Kunden“ komme die VHS nicht darum herum, sich nach einem neuen Standort umzuschauen. Denn gebraucht werden rund 3000 Quadratmeter. Ein Standort könnte der künftig Bildungscampus im Neckarpark gegenüber dem Stadtarchiv sein. Eine sehr gute Option - besonders wegen der guten ÖPNV-Anbindung - wäre auch der Parkplatz in der Elwertstraße gegenüber dem Jugendhaus Cann. Eine Idee, die von den Grünen und der SPD im Gemeinderat befürwortet wird (wir berichteten). Allerdings könnte sich die CDU dort auch gut die Ansiedlung des Kolpingwerks vorstellen. Die Stadt soll jetzt zu den Vorschlägen Stellung nehmen und den Raumbedarf von Cannstatter Kultureinrichtungen erheben. Denn bekanntermaßen klagen neben der VHS und der Musikschule auch das Kulturkabinett und die Stadtteilbücherei über zu enge, nicht barrierefreie und teilweise veraltete Räumlichkeiten.

Das Vorhaben stieß durchweg auf positive Resonanz bei den Bezirksbeiratsfraktionen. „Die VHS leistet wichtige Arbeit und verdient Unterstützung“, sagte Roland Schmid (CDU). Es sei wichtig, das Angebot zu dezentralisieren. „Denn nicht jeder hat Lust, den langen Weg in die City aufzunehmen.“ Allerdings brachte Schmid die Frage der Finanzierung ins Spiel. „Geld für die Ausstattung kann der VHS-Etat finanzieren - einen Neubau nicht“, sagte Dagmar Mikasch-Köthner. Hier sei man auf die Unterstützung der Stadt angewiesen.

Lob gab‘s auch von den Freien Wählern, wobei Gerhard Veyhl als künftigen Standort auch auf das Bücherei-Gebäude in der Überkinger Straße verwies. Durch die Umstrukturierung der Notare werden in dem Gebäude Räume frei. Peter Mielert von den Grünen zollte der Arbeit der VHS Respekt, die seiner Meinung nach durch den Zuzug der vielen Migranten sogar an Gewicht gewonnen hätte. „Allein die Nachfrage nach Deutschkursen ist enorm“, so der Grünensprecher, der den Schritt der Volkshochschule, Mitträger der Veranstaltungsreihe „Zukunft Bad Cannstatt“ geworden zu sein, als richtig erachtet. Denn in vielen Gesprächen und Diskussionen wurde hier eine zentrale Kultur- und Veranstaltungsstätte gefordert.

Zahlen und fakten

Gründung des Vereins zur Förderung der Volksbildung in Stuttgart durch den Unternehmer Robert Bosch und den Pädagogen und christlichen Gewerkschafter Theodor Bäuerle im Jahr 1918. Die VHS Stuttgart bietet heute jährlich rund 6000 Veranstaltungen, 130 000 Unterrichtsstunden mit über 200 000 Teilnehmern. Der Gesamtumsatz pro Jahr beträgt rund 13,9 Millionen Euro. Der Eigenfinanzierungsanteil liegt bei 62 Prozent. Die VHS verfügt über 200 Mitarbeiter und rund 1500 freiberufliche Kursleiter und Referenten.