Weit vorne auf der Wunschliste: die Ufergestaltung zwischen Rosensteinbrücke und Mühlsteg. Foto: Frey Quelle: Unbekannt

Von Edgar Rehberger

Fast zwei Jahre zog sich der Prozess zur Zukunftswerkstatt Bad Cannstatt 2030 hin. Jetzt wurde Bilanz gezogen, die Ergebnisse der Umfrage präsentiert und mit Experten die Möglichkeit der Umsetzung der Vorschläge diskutiert. „Das bedeutet aber nicht das Ende der Zukunftswerkstatt“, betonte Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler im Kursaal.

Zunächst aber gab es ein dickes Lob von den Experten für die Beteiligung. Man sei gewohnt, dass die Bürger auf die Wiese getragen werden müssen. „Hier war es das Gegenteil“, betonte Stadtplanerin Martina Baum, Professorin an der Uni Stuttgart und Expertin für Stadtplanung und Städtebau. „Die Zukunftswerkstatt wurde auf hochprofessionellem Niveau betrieben. Solch ein Bürgerengagement habe ich noch nie erlebt.“ Auch Architekt Thomas Herrmann, Mitglied der Architektenkammer Stuttgart, war sehr beeindruckt. „Man ist unheimlich weit gekommen und ist jetzt reich an Ideen.“ Baubürgermeister Peter Pätzold dankte für das hohe Engagement, die inhaltliche Arbeit und die Hartnäckigkeit. „Das kann man nicht hoch genug einschätzen.“ Die Bürger seien in Vorleistung gegangen, was der Verwaltung jetzt helfe.

Dietrich Haaf, der die Zukunftswerkstatt ins Leben gerufen hat, sprach von „einem Korb toller Projekte, die danach schreien, bald umgesetzt zu werden“. Die Ergebnisse werden durch Bezirksbeirat und Gemeinderat in die politische Ebene übertragen. In den in diesem Jahr anstehenden Haushaltsberatungen wird es darum gehen, entsprechende Mittel für die einzelnen Projekte anzumelden. Dann folgen Gutachten, Planungs- und Ausführungsphase. Pätzold verweist darauf, dass die alles Zeit benötige. Schnelle Umsetzungen seien nicht zu erwarten. „Da ist langer Atem gefragt.“ Der Baubürgermeister verweist auf die Bebauung des Neckarparks. Seit 2004 befasst sich die Verwaltung mit dem Thema. Jetzt geht es an die Umsetzung. Und für das Neckarufer gebe es schon einen konkreten Fahrplan.

Hohe Professionalität

Bezirksvorsteher Löffler versprach, am Ball zu bleiben, für Transparenz zu sorgen. Bürger wie Experten seien weiter im Boot. „Die Ideen fallen auf fruchtbaren Boden. Jetzt geht es um konkrete Entwürfe und Kooperation mit der Verwaltung.“ Die Experten sichern Unterstützung zu. „Der Prozess soll auf der hohen Professionalität weitergeführt werden“, so Stadtplanerin Baum. Die Politik müsse sich dazu bekennen und zum Wohl von Bad Cannstatt abstimmen.

Am Wilhelmsplatz bündeln sich alle Themen. Architekt Herrmann fordert dazu auf, die Prioritäten anders zu setzen und die funktionalen Belange unterzuordnen. „Der Verkehr ist einer von vielen.“ Martina Baum gibt zu bedenken, dass es um die Planungen für die Zukunft geht. Man gehe immer vom Status quo aus. Für den Bürgermeister gehört die angrenzende Bebauung zum Wilhelmsplatz. Der Umbau damals sei falsch angegangen worden. Der Verkehr stand im Vordergrund, nicht die städtebauliche Qualität. „Man muss jetzt Stück für Stück schauen, was mach- und finanzierbar ist.“ Bezirksvorsteher Löffler brachte die Altstadt ins Spiel, die nicht vergessen werden sollte. „Es sind Ströme von außen wichtig, sonst ist ihr nicht zu helfen.“

Ergebnisse der Befragung

(ede) - Anlässlich der Zukunftswerkstatt wurden 61 Fragebögen zu Städtebau und Mobilität ausgefüllt. Dabei konnten die vorgestellten Themen nach Wichtigkeit bewertet werden. Im Schnitt wurden pro Fragebogen sechs Themen ausgewählt. Die Ergebnisse sind wurden in Kategorien „sehr wichtig“, „wichtig“ und „erwünscht“ eingeteilt.

82 Prozent sprachen sich für eine Neugestaltung des Wilhelmsplatzes aus als Platz mit urbaner Qualität, mit Entflechtung von Schienen- und Straßenverkehr, einfacher Querung für Fußgänger, mit hoher Aufenthaltsqualität sowie mit der Möglichkeit zur Anfahrt des Bahnhofes aus beiden Fahrtrichtungen. 75 Prozent war die Nachnutzung der Eisenbahnbrücke als „Park über dem Neckar“ sehr wichtig. 72 Prozent votierten für die Aufwertung des Bahnhofsviertels und des Bahnhofes. 70 Prozent ist die Gestaltung des Ufers zwischen Rosensteinbrücke und Mühlsteg sehr wichtig. Sie hätten gern weitere Uferterrassen auf Flussniveau, Verbindungswege unter den Brücken.

Bei den „wichtigen“ Themen erhielt die Verbesserung der Verbindung zum und am Fluss mit einem funktionsfähigen Netz von Rad- und Fußwegen, der Trennung von Rad- und Fußverkehr auf dem Neckardamm, der Durchgängigkeit der Altstadtgassen zum Neckar, einer verkehrsberuhigten Wilhelmsbrücke und Überkinger Straße, einer flussseitig autofreien Neckartalstraße 59 Prozent. Für das Rückschneiden und Lichten der Uferbegrünung, für eine Freitreppe am Rilling-Ufer und die Aufwertung des Tiefufers am Theaterschiff stimmten 48 Prozent.

„Erwünscht“ sind folgende Maßnahmen: Aufwertung des Ortseingangs König-Karls-Brücke als Platz mit urbaner Attraktivität, einem repräsentativen und architektonisch herausragenden Gebäude im Wasenzwickel als Landmarke, Freizeiteinrichtungen und Gastronomie auf dem Wasen und an der Neckarpromenade in Verträglichkeit mit der Nachbarschaft (38 Prozent); die Behandlung der Verkehrsschleife Waiblinger/Nürnberger Straße als Wohnstraße, Begrünung der Gleiskörper, Überwindung der Trennwirkung für Fußgänger und Radfahrer und der Umbau des Augsburger Platzes (38 Prozent); die N4eugestaltuing des Quartiers zwischen Bahnhof und Mercedesstraße mit Gewerbe als Schallschutzriegel und urbanem Wohnen, öffentlichen Einrichtungen sowie eine Aufwertung der Zugänge zum Wasen (37 Prozent); Zuflussdosierung des Durchgangsverkehrs durch eine effektive Regelung des Straßenverkehrs an den Ortseingängen (36 Prozent); Verkehrsberuhigung und Umgestaltung der Schönestraße nach Fertigstellung des Rosensteintunnels, Platzgestaltung und sinnvolle Nutzung des Hochbunkers (31 Prozent).