Quelle: Unbekannt

Sigfried Baumann über den Wahlkampf der Demoskopen

Nur damit eines klar ist, Bundestagswahl ist in diesem Jahr am Sonntag, 24. September. Also in sieben Monaten. Erst am Abend dieses Tages wissen wir, ob Angela Merkel weiter Bundeskanzlerin ist oder ob der Kanzler Martin Schulz heißt und ob die SPD die CDU prozentual überholen kann. Gegenwärtig hat man den Eindruck, als stünde die Wahl und damit ein Machtwechsel kurz bevor. Es ist die Stunde der Demoskopen, denn eine Umfrage jagt die nächste. Schulz überholt Merkel und das binnen weniger Wochen. Die SPD stimmenmäßig erstmals seit langem vor der CDU, Höhenflüge für die Roten, Niedergang für die Schwarzen. Und die Grünen bringen sich schon mal in Position für eine Koalition mit der SPD, nachdem Umfragen die CDU auf dem absteigenden Ast sehen. Überhaupt ist die Innenpolitik gerade auf zwei Personen und zwei Parteien reduziert, andere werden durch diese Polarisierung zu politischen Statisten degradiert. Wer hat denn gerade die FDP oder die AFD oder die Linke auf dem Schirm?

Doch auch bei Wahlen gilt: Vieles kommt anders, als Meinungsforscher manchmal denken. Hochkonjunktur für Spekulationen. Wie viele falsche Prognosen wurden bei Wahlen schon gestellt, ganz einfach weil nicht jeder Befragte den Meinungsforschern auch wahrheitsgemäß antwortet, wen er denn wählen würde. Zuletzt sahen die Umfragen in den USA Hillary Clinton vor Donald Trump. Wer wurde Präsident? So hatte nicht nur Clinton verloren, sondern wieder einmal auch die Demoskopen. Was also sollen zum gegenwärtigen Zeitpunkt die ganzen Umfragen und Prognosen. Schulz darf sich keineswegs bereits als Kanzler fühlen und Merkel müssen zum jetzigen Zeitpunkt gewiss nicht die Knie schlottern. Das Schöne an Wahlen ist doch, dass der Bürger entscheidet. Wir alle haben die Macht, die Regierenden zu bestimmen. Und wir tun dies hoffentlich überaus zahlreich am 24. September. Allen Umfragen und Spekulationen zum Trotz. Übrigens, die Umfragen, die im Augenblick auf uns niederprasseln, haben für die Institute, die sie durchführen einen großen Vorteil: Sie spülen Geld in die Kassen. Den Auftraggebern sei Dank.

Mich lassen die heute ermittelten Prozentpunkte kalt und es interessiert mich auch nicht, wer in heutigen Umfragen die Nase vorne hat. Mir genügen die harten Fakten am Wahlabend. Und der ist am 24. September. In sieben Monaten ab heute gerechnet. Hoffnungsträger hin oder abonnierte Kanzlerin her. Einem Gerhard Schröder hatten damals alle Umfragen nicht geholfen, sondern letztendlich die Oder-Flut. Die Meinungsforschungsinstitute befeuern schon heute den Wahlkampf. Merkel und Schulz als Objekt der Begierde von Demoskopen. Das Politbarometer ist wie das Wetterbarometer: Mal steigend, mal fallend. Wollen wir wetten, dass am 24. September wieder alles anders kommt, als man es vorher gesagt hat. Eines ist auch sicher: Der Wahlkampf wird zweifellos spannender als bei der letzten Bundestagswahl. Dafür sorgen schon die Meinungsforscher.