(wic) - Aus nichtigem Anlass soll ein 50-jähriger Kroate am 28. September 2016 in einer Cannstatter Gemeinschafts-Unterkunft einen 40-jährigen Tunesier durch insgesamt drei Messerstiche in Schulter und Lunge lebensgefährlich verletzt haben. Jetzt sitzt er wegen versuchten Totschlags auf der Anklagebank des Landgerichts - und schweigt.

Die Anklageschrift umfasst nur eine Seite: An jenem 28. September soll er gegen 20.10 Uhr in der Küche der Unterkunft in der Lehmfeldstraße zuerst Streit mit dem 40-Jährigen bekommen haben, in dessen Verlauf es gegenseitige Beleidigungen setzte. Danach sei der Beschuldigte schnurstracks in einen Nebenraum gegangen und habe sich dort mit einem Messer bewaffnet und sei zurückgekommen. Ohne Grund soll er mit dem Messer dem 40-Jährigen zuerst einen tiefen Stich in dessen Schulter, dann einen zweiten Stich in den Arm und in dessen Lungenflügel verpasst haben.

Die Anklage wirft dem Mann vor, danach seelenruhig zurück in sein Zimmer verschwunden zu sein, ohne sich um den Schwerverletzten zu kümmern. Die Verletzungen seien ihm „gleichgültig“ gewesen, sagt der Staatsanwalt vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts. Der 40-Jährige erlitt einen Einstich in die Lunge mit der Gefahr eines Luftabschlusses. Der erste Stich in die Schulter soll nicht lebensgefährlich gewesen sein. Allerdings habe der Angeklagte den möglichen Tod seines Gegenübers billigend in Kauf genommen. Eine Not-Operation rettete dem 40-Jährigen das Leben.

Zum Vorwurf schweigt der Angeklagte. Dagegen ist das Opfer gesprächiger: Er schilderte gestern, dass er mit dem Angeklagten über ein Jahr zusammen wohnte und sehr gut mit ihm auskam. Bis zu jenem Vorfall. Da sei der 50-Jährige alkoholisiert gewesen und habe Small Talk gewünscht, auf das er keine Lust gehabt habe. Er wisse, dass der Angeklagte ihn Wochen zuvor bei anderen Mitbewohnern beleidigt habe. Am Tatabend habe er ihn plötzlich von der Seite am Hals gepackt und bedroht. Dann sei er in einen Nebenraum gerannt und mit zwei Messern zurückgekommen. Die Stiche seien „von hinten“ erfolgt. Es sind zunächst acht Zeugen und drei Sachverständige geladen. Am 10. März soll ein Urteil gesprochen werden.