So sah das Steiggemeindehaus noch in jüngeren Jahren aus, als die Straßenbahn auf die Altenburger Steige fuhr. Fotos: privat Quelle: Unbekannt

Das Steiggemeindehaus ist Geschichte. Seit ein paar Tagen sind die Bagger am Werke und reißen das Haus ab. In der Nachfolge soll dort Wohnungsbau entstehen. Geplant sind beim Projekt „Römergärten“ 20 Wohnungen in vier neuen Gebäuden.

Von Iris Frey

Investor Marcel Djafari freut sich, dass es vorangeht. Die Hälfte der Wohnungen hat er bereits verkauft und er hat das Artenschutz-Problem auf dem Gelände gelöst: Die Mauereidechsen, die auf dem Areal gefunden wurden, werden vergrämt und dürfen sich künftig auch auf dem Grundstück ansiedeln. Der Vorteil sei, dass das Grundstück groß genug sei. Es werde zudem weiterhin Mauern aufweisen, die im unteren Teil bleiben. Außerdem würden die Mauereidechsen auf eine intakte Natur hinweisen: „Jeder Gartenliebhaber freut sich über das Ansiedeln der Mauereidechsen“, so Djafari. Und auf dem Grundstück wird es im rückwärtigen Bereich weiterhin Gärten und Grünflächen geben.

Doch erst stehen die Bauarbeiten an: Mit dem hinteren Baukörper wird angefangen. Dazu sollen die Denkmalschützer noch die Möglichkeiten für Grabungen haben. Wie berichtet, sind auf dem Gelände bereits bedeutende archäologische Funde gemacht worden nicht nur aus der Römerzeit, auch aus der Fränkischen Zeit, nämlich die Altenburg.

Es wird in zwei Bauabschnitten gebaut. Der erste Bauabschnitt habe begonnen. „Beide Bauten werden dieses Jahr erstellt“, so Djafari. Eine Fertigstellung des Bauprojekts an der Altenburger Steige ist im nächsten Jahr geplant.

In der Zwischenzeit gab es zudem Gespräche des Investors mit der Stadt Stuttgart, mit Kulturbürgermeister Fabian Mayer. So sei auf dem neu zu schaffenden Platz vor dem Römerkastell ein Hinweisschild geplant. Djafari fände es eine gute Lösung, wenn es im Rahmen der Platzgestaltung gewürdigt wird.

Wie berichtet, plant die Freie Kunstschule Stuttgart auf dem Platz eine besondere Travertinsäule und auch die Erinnerung an besondere historische Entwicklungen im Hallschlag. Djafari würde es auch begrüßen, wenn der Verein Pro Alt-Cannstatt eine historische Tafel an die neuen Gebäude montieren würde und dies würde er auch finanziell unterstützen, dass auf der Tafel auf den Fund der Altenburg hingewiesen wird.

Wie berichtet, wurde auf dem Gelände des Steiggemeindehauses das Fundament der einstigen Altenburg gefunden und damit Hinweise auf die einstige politische „Keimzelle der Stadt Stuttgart“. Die CDU-Gemeinderatsfraktion hatte, wie berichtet, in einem Antrag eine angemessene Würdigung der Funde gefordert.

Die dauerhafte Bewahrung und Präsentation archäologischer Funde ist Aufgabe des Landesmuseums, verwies kürzlich Grabungsleiter Andreas Thiel. „Wissenschaftlich geht die Bedeutung der Neuentdeckung sicherlich über Bad Cannstatt hinaus, so dass ich mir auch eine Vermittlung vorstellen könnte, die in einem größeren Rahmen stattfindet, als es das Stadtteilmuseum in Bad Cannstatt derzeit bieten kann“, so Thiel. Museen gibt es ja in Stuttgart, auch wieder neue, die derzeit im Werden sind. Vielleicht böte sich auch die Möglichkeit im neuen Stadtmuseum, das gerade beim ehemaligen Wilhelmspalais in der City gebaut wird. Der ein oder andere Bürger wäre sicherlich interessiert, dort darüber informiert zu werden, auch über die archäologischen Ausgrabungen, die in der Stadt Stuttgart im Laufe der Jahre gemacht worden sind.

zur geschichte

Noch im Jahre 1907 bestand das Gebiet, das heute die Steigkirchengemeinde umfasst, nur aus Gärten, Wiesen und Äckern. Dennoch gehört es zu den ältesten Siedlungsgebieten des ganzen Landes. Dies bezeugen Funde bereits aus der jüngeren Steinzeit. Auch christliches Leben gibt es hier schon länger, als man denken könnte. Auf der Altenburg stand eine der ältesten Kirchen im Großraum Stuttgart, vor über 1000 Jahren war sie errichtet und dem Heiligen Martin geweiht worden. Sie war Jahrhunderte lang ein kirchlicher Mittelpunkt, Einzugsgebiet für alle umliegenden Ortschaften, auch für Alt- Stuttgart. Selbst ein Mitglied des Hauses Württemberg, Graf Ludwig, war 1179 bis 1291 Pfarrer der Martinskirche auf dem Altenburger Felde. Stuttgart selbst ist erst im Jahr 1321 zum neuen kirchlichen Mittelpunkt geworden, als das Stift Beutelsbach dorthin verlegt wurde. Die Altenburger Kirche wurde im 15. Jahrhundert abgebrochen und in der Neckarvorstadt neu aufgebaut. Nur der Friedhof wurde oben weiter benutzt. „Altenburg“ war der Name einer Burg und einer Ortschaft, deren Bewohner jedoch schon vor der Martinskirche an den Neckar hinunterzogen. Auf dem verlassenen Altenburger Felde wurde 1910 die Reiterkaserne gebaut. Damit begann zugleich die neue Besiedlung. Das Bedürfnis nach einem gottesdienstlichen Raum auf der Steig ist durch das rasche Heraufwachsen privater Siedlungen auf der Altenburg und in der Lämmleshalde und vollends der ausgedehnten städtischen Siedlungen am Nastplatz im Hallschlag und in der Römerstraße nötig geworden. Der Gesamtkirchengemeinderat entschloss sich deshalb am 19. März 1925 zum Bau. Man fasste die Erstellung eines Betsaales und eines Kinderschulraumes ins Auge. 1927 wurde der Grundstein für das evangelische Gemeindehaus an der Altenburger Steige gelegt. Die daneben geplante Garnisonskirche kam nicht zustande. 1928 konnte das Gemeindehaus eingeweiht werden und somit entstand eine neue evangelische Gemeinde, als Abspaltung der Stadtkirchengemeinde Bad Cannstatt. Erster Pfarrer war Otto Engel von 1928 bis 1932. Doch erst 1966 entstand das Gemeindezentrum mit der Steigkirche. Im Jahre 2000 bekam die Steigkirchengemeinde Zuwachs in Form des neuen Wohngebietes „Burgholzhof“. Seit der Besiedlung dieses, von den Amerikaner aufgegebenen Geländes darf die Gemeinde auch ein zweites Gemeindehaus ihr Eigen nennen, das Ökumenische Zentrum Burgholzhof, das sie mit der katholischen Schwestergemeinde St. Rupert teilt. Seit 2002 ist die Steigkirchengemeinde wieder in zwei Bezirke, anstatt in drei, eingeteilt: das Pfarramt Römerkastell und das Pfarramt Weinberg.