Stadtkämmerer Michael Föll, Justizminister Guido Wolf und OB Fritz Kuhn samt Gattin Ilse Ulshöfer im Kleinen Rathaus. Foto: Nagel Quelle: Unbekannt

(uli/erg) - „Narri, Narro, Ahoi“. Neben dem Kübler-Schlachtruf, der durch die Altstadtgassen schallte, haute die Lumpenkapelle auf die Pauke und die Felben waren mit ihren Rätschen unterwegs. Endspurt bei den Narren, die gestern nochmals lautstark durch die Gassen zogen. Während Hunderte von Kindern dem Geizig durch die Marktstraße folgten, durften die Kübler im Kleinen Rathaus neben OB Fritz Kuhn auch Baden-Württembergs Justizminister Guido Wolf begrüßen.

Volle Hütte: „Narri, Narro, ihr lieben Leut’, jetzt ist wieder Fasnetszeit.“ Gastgeber Andreas Zaiß begrüßte Schlag 10 Uhr zahlreiche Gäste im Kleinen Rathaus, dem selbst ernannten Epizentrum der Fasnet. Und da im Herbst bekanntermaßen Bundestagswahlen sind, tauchten wieder einmal etwas mehr politische Namen auf der Gästeliste auf.

Stargast: Manch einer rieb sich verwundert die Augen. Der Mann mit der markanten Brille ist doch Guido Wolf? Will Baden-Württembergs Justizminister einmal nach dem Rechten sehen und kontrollieren, dass die wilden Kübler nicht all zu sehr über die Stränge schlagen? Mitnichten, wenn Landesvater Winfried Kretschmann in Riedlingen Froschkuttelsuppe einverleiben darf, so kann sich doch der Justizminister an Bratwürsten mit Kartoffelsalat und Soße laben. Das gibt‘s nämlich seit anno dazumal im Kleinen Rathaus.

Falscher Stuhl: Ganz selbstbewusst nahm Wolf am Honorationentisch Platz - leider dort, wo seit Jahr und Tag der Oberbürgermeister sitzt. Fritz Kuhn und Gattin Waltraud Ulshöfer nahmen‘s sportlich, lächelten höflich und rückten artig etwas zur Seite. Nur kurz darauf war Schluss mit lustig, als der Justizminister als neues Stuttgart-Souvenir den Feinstaub-Beutel vorschlug.

Anspruchsvoller OB: Ringelnatz, Hölderlin, Mörike - OB Fritz Kuhn hat gestern mächtig in die Geschichtskiste gegriffen und warf mit berühmten Zitaten um sich. „Heute habe ich nicht gereimt, ich lege mehr Wert auf den Inhalt“, so Kuhn zu den fassungslosen Kübler, die kein Wort verstanden. Erst als Kuhn das Kleine Rathaus als wichtigste Sitzung noch vor den Etatberatungen zum Doppelhaushalt bezeichnete, war der Burgfrieden wieder hergestellt.

Alaaf: Wer wagt es, den Kölner Karnevals-Schlachtruf in der Hochburg der schwäbisch-alemannischen Fasnet auszusprechen? Fritz Kuhn war‘s, der hatte jedoch eine pfiffige Ausrede parat: „Das ist nur die Abkürzung für Aufruf zur Luftreinhaltungen an allen Feinstaubtagen.“ Da sage noch einmal einer, nur die CDU hätte ein Cleverle.

Wahljahr: Taugt die erlauchte Polit-Prominenz für die Kübler-Bütt? Grünen-Landtagsabgeordnete Brigitte Lösch „verzauberte“ als grüne Fee und war im Gegensatz zu OB Kuhn des Reimens mächtig. Martin Körner, Frontmann der SPD im Gemeinderat agierte als Reinigungskraft und versprach - wie sein berühmter Namensvetter und Kanzlerkandidat - viel. Und Alexander Kotz? Der gab zu, kein Edeldichter zu sein, hatte aber einen Brüller auf seiner Seite, als er das Klatschen verbot: „Das feinstaubt so.“

Sponsoren und Gäste: Oberkübler Steffen Kauderer und sein Stellvertreter Christian List machten kräftig Werbung für das große Narrentreffen, das 2020 in Bad Cannstatt stattfinden soll. Von den inoffiziellen Sponsoren waren gestern anwesend: unter anderem Stadtkämmerer Michael Föll, Helmut Leipner (Volksbank Stuttgart), Marc Nagel (Weinfactum), Michael Perner (Volkswagen Stuttgart), Hafen-Chef Carsten Strähle. Sicher keine Geldgeber, aber immer gern gesehen: Ex-Sauerwasserschultes Hans-Peter Fischer und der aktuelle Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler, Stadtpfarrer Florian Link und sein Chef Eckart Schultz-Berg und viele mehr.

Planung ist alles: Mehrere hundert Kinder haben sich zusammen mit Geizig Andreas Mäule auf der Marktstraße versammelt, um sich von den Geschäften Süßigkeiten zu ergattern. Einige Kinder waren dieses Jahr besonders gut organisiert. Noch vor dem Startschuss gingen sie zum Geizig und handelten ihre Pole-Position aus. „Ich möchte bitte ganz vorne stehen“, sagte ein kleiner Geizigrufer. Andere Kinder nahmen schon Stellung mit weit offener Tüte, damit die Bonbons gleich an ihrem Platz landeten. Trotz einiger raffinierter Ideen kam kein Kind zu kurz. Denn auch wenn der Geizig etwas heiser klang, kamen alle Kinder zu ihrer fairen Portion an Süßigkeiten, Popcorn, Chipstüten und Lutschern, als aus dem Megafon die Worte erklangen: „Geizig, geizig, geizig ist der Bäcker Sailer und wenn er nicht so geizig wär‘, dann gäb er ein paar Bonbons her.“

Lindwurm gesichtet: Bei dem närrischen Kinderumzug über die Marktstraße durften nicht nur acht Schulen und Kindereinrichtungen mitlaufen. Neben den Waschweibern und dem Büttelpaar gab es einen Lindwurm, der sich durch die Altstadt geschlängelt hat. Von den Schulgruppen hat sich jede ein eigenes Motto ausgesucht. Mit dabei waren ein Zirkus, eine Einbrecherbande und Roboter.

Der Beste gewinnt: Die Mottos wurden sorgsam von den Waschweibern geprüft, die den Besten unter ihnen belohnten. Denn die Gewinnerschule darf bis zum nächsten Jahr den Wanderpokal behalten. Dieser besteht aus einer originalen handgeschnitzten Mondmann-Maske. Letztes Jahr hat die Kita Kiehmling-Winkel gewonnen und daher die Trophäe einbehalten. Sie waren auch dieses Jahr mit ihrem Zirkus-Motto ein Blickfang.