Der größte Lärmverursacher ist der Straßenverkehr. Ab 55 Dezibel ist mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu rechnen. 15 000 Anwohner sind nachts sogar mehr als 60 Dezibel ausgesetzt. Archiv Foto: Steegmüller Quelle: Unbekannt

Von Edgar Rehberger

15 000 Anwohner sind nachts einem Lärmpegel von mehr als 60 Dezibel durch Straßenverkehr ausgesetzt, 2400 sogar mehr als 65 Dezibel. Ab 55 Dezibel nächtlichem Lärm besteht ein erhöhtes Gesundheitsrisiko, können Herz-Kreislauf-Erkrankungen auftreten. Die Stadt will mit verschiedenen Maßnahmen dem Lärm entgegenwirken. Lärmaktionsplan und Stand der Lärmminderungsmaßnahmen wurden den Bezirksbeiräten der Neckarvororte erläutert.

Im November 2009 wurde der Lärmaktionsplan (LAP) vom Gemeinderat beschlossen, drei Jahre später die aktualisierte Lärmkartierung im Ausschuss für Umwelt und Technik präsentiert. Vergangenes Jahr gab es die erste Fortschreibung des LAP. „Da inzwischen differenzierter berechnet wird, kam es zu einer Zunahme der Werte“, erläuterte Hans-Wolf Zirkwitz, der Leiter des Amtes für Umweltschutz, wo der Lärmaktionsplan, an dem zahlreiche Ämter beteiligt sind, koordiniert wird. Wichtig zu wissen: „Die Lärmwerte werden nicht gemessen, sie werden berechnet.“

„Größter Lärmverursacher ist der Straßenverkehr“, schilderte Thomas Schene vom Amt für Umweltschutz den Bezirksbeiräten aus Bad Cannstatt, Hedelfingen, Münster, Mühlhausen, Obertürkheim, Untertürkheim und Wangen. Knapp 37 000 Menschen in Stuttgart sind nachts mit mehr als 55 Dezibel belastet, 15 000 sogar mit mehr als 60 Dezibel. Bezogen auf Stadtbezirke und Einwohnerzahl der Neckarvororte liegt Hedelfingen mit 9,8 Prozent vor Wangen (8,0) und Bad Cannstatt (6,8) vorne. Von nächtlichem Eisenbahnlärm mit mehr als 55 Dezibel sind am meisten betroffen die Bewohner in Untertürkheim (2090 oder 13,1 Prozent) vor Münster (710/11,3) und Bad Cannstatt (5500/8,2). Bei den nächtlichen Stadtbahnbelastungen rangiert Wangen (220/2,6), vor Münster (110/1,7) und Bad Cannstatt (980/1,5).

Einige Maßnahmen, die zur Reduzierung führen sollen, sind in den Neckarbezirken bereits umgesetzt: Bau der Stadtbahntrasse und Radstreifen in der Löwentorstraße; Umbau der Waiblinger/Nürnberger Straße; Umbau der Neckartalstraße; leisere Fahrbahnbeläge im Seeblickweg zwischen Wagrain- und Kormoranstraße; Sperrung des Marktplatzes Bad Cannstatt für den KFZ-Verkehr; Förderung des Radverkehrs; Verbesserung des ÖPNV (U 12 zum Hallschlag, S-Bahn fährt am Wochenende die ganze Nacht). Geplant sind unter anderem Parkraummanagement in Bad Cannstatt und den Innenstadtbereichen, weitere Fahrradstreifen oder Rückbau der Pragstraße. Langfristig soll in den Neckarbezirken Tempo 40 an Steigungsstrecken eingeführt, Straßen umgestaltet und Kreisverkehre installiert werden (Seeblickweg/Benzenäckerstraße; Otto-Hirsch-Brücken/Imweg/Göppinger Straße; Minikreisverkehr Augsburger Straße/Imweg) und lärmmindernder Belag auf der B 10 angebracht werden. Gedacht wird an eine Stadtbahn-Verlängerung als Regellinie zur Mercedes-Benz-Welt.

Eine rechtliche Verpflichtung zur Umsetzung der Maßnahmen besteht nicht. Ziel sei, so Zirkwitz, dass die Aussagen des Lärmaktionsplanes bei künftigen Planungen und Entscheidungen in die Abwägungen miteinfließen. Die Umsetzung aller Maßnahmen aus dem Lärmaktionsplan würden mehrere 100 Millionen Euro kosten. „Schon ein Kreisverkehr kostet je nach Ausführung mehrere 100 000 Euro.“ Auch Lärm koste. So werden die bezifferbaren Kosten durch Straßenverkehrslärm in Deutschland auf mehr als zwölf Milliarden Euro pro Jahr geschätzt: 8,8 Milliarden Euro durch Immobilienverluste und 3,5 Milliarden Euro für Gesundheit.

Belastungen durch Veranstaltungen etwa bei Volksfest und Open-Air-Konzerten firmieren unter Freizeitlärm. Zirkwitz: „Das ist nicht im Lärmaktionsplan abgehandelt.“ Da gelte anderes Recht. Die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation, nachts auf 45 Dezibel zu gelangen, sei in Stuttgart nur in abgelegenen Wohngebieten zu erreichen.

Aktionsplan nachhaltig mobil

Ralf Maier-Geißer von der Stab-stelle des Oberbürgermeisters berichtete über den Aktionsplan „Nachhaltig mobil in Stuttgart“. Darin sind mehr als 100 Maßnahmen aufgeführt. Alle sechs Wochen erfolgt eine Leistungs- und Erfolgskontrolle. Weniger Schadstoffe, Lärm, Stau und Stress sollen zu mehr Lebensqualität führen. Dazu sind neun Handlungsfelder aufgeführt: Intermodalität und Vernetzung; ÖPNV; Berufsverkehr; stadteigene Mobilität; Mobilität in der Region; motorisierter Individualverkehr; nicht motorisierter Verkehr; Wirtschaftsverkehr und Öffentlichkeitsarbeit.