(tim) - Schimpfwörter und Provokationen kennt jedes (Schul-)Kind. Was aber, wenn Sticheleien zu Mobbing oder handgreiflichen Übergriffen werden? Wo ist die Grenze, wie kann ich mich als Opfer wehren? Wie soll ich mich als Mitschüler verhalten und was darf ich tun? Die Antworten darauf kennen selbst Erwachsene oft nicht.

An den Stuttgarter Schulen ist ein Präventionsprojekt „Stark ohne Gewalt“ der Stuttgarter Sicherheitspartnerschaft angelaufen, das es in sich hat. Dabei teilen sich routinierte Polizisten die Arbeit an den Schulen mit erfahrenen Konflikttrainern. Die Konflikttrainer bringen die Schülerinnen und Schüler dabei mitunter bis an ihre Grenzen - und holen sie dort ab, um ihnen Konfliktlösungsansätze zu zeigen.

Die Einbeziehung der Konflikttrainer ist wichtig, da sie sich auch mal in die Rolle des Provokateurs versetzen können - eine Rolle, die die uniformierten Polizisten nicht einnehmen können, da sie ihnen niemand abnimmt. Die Polizei wiederum zeigt den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeiten und Grenzen von Notwehr oder Nothilfe auf und informiert über den Ablauf eines Strafverfahrens, sollte es zu Straftaten gekommen sein. „Diese Art der Zusammenarbeit, zwischen Polizei und Sozialarbeitern, war vor einigen Jahren noch unvorstellbar. Das ist eine tolle Entwicklung“, sagt der Ordnungsbürgermeister Martin Schairer.

Das Präventionsprojekt hat dabei vor allem die Klassenstufen 7 bis 9 im Fokus. „Für die Jugendlichen werden alltägliche Stresssituationen erzeugt. Das Einüben von Verhalten durch Rollenspiele erhöht deutlich die Wahrscheinlichkeit, in einer realen Konfliktsituation richtig zu reagieren“, sagt der Vorsitzenden des Fördervereins Sicheres und Sauberes Stuttgart, Klaus Thomas.

In der Vorbereitung waren einige Institutionen beteiligt. Neben der Stadt, der Polizei, den Konflikttrainern, dem Staatlichen Schulamt und dem Regierungspräsidium gab es zahlreiche Förderer wie das Landeskriminalamt Baden-Württemberg, die Opferschutzorganisation Weißer Ring und der Förderverein Sicheres und Sauberes Stuttgart.

Dadurch sind für dieses und das kommende Schuljahr knapp 10 000 Euro an Fördergeldern zusammengekommen. Damit können je Schuljahr über 20 bezuschusste Veranstaltungen angeboten werden. Für die einzelnen Schulen bleibt nur noch ein geringer Selbstbehalt zur Deckung der Kosten für die Konflikttrainer. „Ich freue mich sehr darüber, dass wir mit ‚Stark ohne Gewalt‘ ein attraktives, innovatives und sehr wichtiges Präventionsprojekt in den Schulen haben. Wir müssen alles dafür tun, dass Schüler weder Opfer noch Täter strafbaren Verhaltens werden“, sagt der Leiter des Referats Prävention beim Polizeipräsidium Stuttgart, Ludwig Haupt.

Das Projekt ist auf Nachhaltigkeit ausgelegt und soll im nächsten Schuljahr fortgesetzt werden. Den Start in dieses Jahr machte gestern die 8. Klasse des Elly-Heuss-Knapp-Gymnasiums. Die Informationsveranstaltung beinhaltete eine beeindruckende Vorstellung. Konflikttrainer und Schüler stellten eine Szene in einem Zug nach, bei der ein Schüler mit Provokationen konfrontiert und rhetorisch an die eigene Grenze gebracht wurde. Vom Konflikttrainer erhielt er den Rat: „Durchatmen hilft, bleib ‚Stark ohne Gewalt‘.“ Bürgermeister Schairer: „Es ist für die Stadt wichtig, dass Präventionskonzepte an Schulen für einen gewaltfreien Umgang durchgeführt werden. Mit „Stark ohne Gewalt“ erhalten die Schülerinnen und Schüler ein praxistaugliches und nachhaltiges Konzept, mit dem sie in einer entscheidenden Phase ihres Lebens eine professionelle Unterstützung bekommen.“