Ein Bild mit Symbolcharakter für die Arbeiten am Leuzeknoten: Die Stadt kündigt den Vertrag mit dem Bauunternehmen Wolff & Müller. Foto: Nagel Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Seit gestern steht fest: Die Stadt Stuttgart wird den Vertrag mit dem Bauunternehmen Wolff & Müller, das den Zuschlag für die Rohbauarbeiten am Leuzeknoten erhalten hatte, kündigen. Der Ausschuss für Umwelt und Technik, der gestern über den Kostenstreit informiert wurde, gab ohne Gegenstimme grünes Licht, obwohl die Auswirkungen auf den Zeit- und Kostenplan noch nicht konkret absehbar sind.

Gestern Mittag, 13 Uhr: Während am Leuzeknoten Mitarbeiter der Stuttgarter Straßenbahnen mit Schienenarbeiten beschäftigt sind, ist es auf der Baustelle wenige Meter entfernt unterhalb des Rosensteinstegs ruhig. Kein Mitarbeiter des Bauunternehmens Wolff & Müller ist zu sehen, geschweige denn ein Firmenfahrzeug. Das einzige, was hier momentan Lärm verursacht, sind die Autos auf der Cannstatter Straße und die vielen Vögel im Park.

Zur gleichen Zeit lauschten die Mitglieder des Ausschusses für Umwelt und Technik im Stuttgarter Rathaus hinter verschlossenen Türen den Erklärungen des zuständigen Bürgermeisters Dirk Thürnau und eines von der Stadt beauftragten Anwalts. Beide berichteten, wie es zum Stillstand auf Stuttgarts größter Straßenbaustelle kam und warum die Landeshauptstadt den Vertrag mit dem Bauunternehmen Wolff & Müller, das im April 2013 für gut 41 Millionen Euro den Zuschlag für die Rohbauarbeiten im Bereich des Leuzetunnels erhalten hatte, kündigen wird. Denn auch der letzte Versuch der Verwaltungsspitze für eine „gütliche Einigung“ war gescheitert.

Die Stadt hatte im Februar den Verantwortlichen bei Wolff & Müller ein Ultimatum gesetzt: Auf Grundlage eines von der Stadt erarbeiteten Vergleichsvorschlags sollte das Unternehmen ein rechtsverbindliches Angebot abgeben, mit dem sichergestellt ist, dass die Baumaßnahme zügig zum erfolgreichen Abschluss gebracht wird. Sollte die beauftragte Firma bis 6. März ein Angebot abgeben, wird die Verwaltung dieses prüfen und dem Gemeinderat in der Sitzung eine Empfehlung aussprechen. Die Frist war abgelaufen und ein „Friedensangebot“ lag nicht vor.

Deshalb hat Bürgermeister Dirk Thürnau endgültig die Reißleine gezogen und gestern den Mitgliedern des Ausschusses vorgeschlagen, den Vertrag mit Wolff & Müller zu kündigen. Natürlich mit der Gewissheit, dass schlussendlich die Justiz über diesen in Stuttgart einzigartigen Vorfall bei einem Großprojekt entscheiden wird. In der Vorlage wurde auch ein „worst case“ mit geschätzten Mehrkosten von 26 Millionen Euro beziffert. Die Höhe der Summe hängt - unabhängig von Kosten für eine neue Ausschreibung, Baupreissteigerungen und Prozesskosten - natürlich davon ab, wie das Gericht den Fall bewertet. Sicher eine gewaltige Summe, die aber immer noch weit unter den geschätzten Nachschlagsforderungen in Höhe von 43 Millionen Euro liegen.

Was die geschätzten Mehrkosten angehen, so haben die Grünen, die das Projekt Rosensteintunnel samt Umbau des Leuzeknotens von Anfang an abgelehnt hatten, zwar ihre Zweifel. Doch die zweitstärkste Fraktion im Rathaus gab ebenso grünes Licht für die unverzügliche Vertragskündigung wie die übrigen Fraktionen. Vorwürfe oder Tadel an die Verwaltung blieben aus, zumal der Anwalt den Ratsmitgliedern schnell klar machen konnte, dass ein zügigeres Handeln - sprich Kündigung - allein schon rechtlich gar nicht möglich gewesen wäre. Die CDU hofft für die Zukunft auf ein effizientes Arbeiten, um den Zeitverlust einigermaßen aufzuholen. Fakt ist: Mit der geplanten Fertigstellung des Leuzeknotens 2019 wird es nichts; und in der Folge verschiebt sich die Eröffnung des Rosensteintunnels auf frühestens Ende 2020. Was ebenfalls schwer wiegt: Auch die Umsetzung des Rückbaumaßnahmenpakets wird sich verzögern.