Mitte Dezember hatten die Schülerlotsen ihren ersten Einsatz vor der Altenburgschule. Dennoch musste die Polizei immer wieder Verwarnungen aussprechen. Im Januar wurden zwei Schulweghelfer sogar gefährdet. Archiv Foto: Rehberger Quelle: Unbekannt

Von Edgar Rehberger

Jeden Morgen spielen sich vor Grundschulen immer gleiche Szenen ab: Autos halten direkt am Schuleingang und „spucken“ Kinder aus. Nicht selten steigen die meist weiblichen Chauffeure aus und tragen den Schulranzen/Rucksack hinterher. Was auf der Straße passiert, schert sie wenig. Vor der Altenburgschule wurden sogar Schülerlotsen massiv behindert.

Um die allmorgendliche gefährliche Situation zu entschärfen, hat die Altenburgschule reagiert. „Wir mussten einfach etwas machen“, begründet Schulleiterin Katrin Steinhülb-Joos. „Die Situation ist nicht mehr hinnehmbar gewesen.“ Fahrzeuge hielten im absoluten Halteverbot, in der Kurve und mitten auf der Straße, damit die Kinder möglichst schulnah aussteigen können. Eine Kollegin, berichtet Steinhülb-Joos, sei fast angefahren worden. „Es gab Körperkontakt.“ Rektorin und Elternbeirat wollten ein Zeichen gegen die Eltern-Taxis setzen. Zehn Siebtklässler und fünf Erwachsene wurden von der Polizei zu Schülerlotsen und Schulweghelfern ausgebildet.

Drei Doppelstunden dauert die Ausbildung, mit theoretischer und praktischer Prüfung. Die erwachsenen Schulweghelfer erhielten eine Einweisung. Mit Warnweste, Käppi und Kelle stehen sie vor Schulbeginn vor der Schule und versuchen, das Chaos einigermaßen im Zaum zu halten. Wie schwierig das ist, zeigte sich schon bei der Premiere Mitte Dezember. Obwohl auch Polizei vor Ort war, wurde wild angehalten, Schülerlotsen ignoriert. Oberkommissar Stefan Jantos vom Referat Prävention, musste immer einschreiten, um Verwarnungen auszusprechen.

Im Januar schließlich zogen zwei Vorfälle Anzeigen nach sich. Zwei Schülerlotsen hatten sich geschockt an den Elternbeiratsvorsitzenden Alex Böhle gewandt, der ebenfalls als Schulweghelfer im Einsatz ist. „Eine Frau hatte versucht, einen Schülerlotsen von der Straße zu drängen. Sie ist ganz dicht aufgefahren“, berichtet Böhle. Im zweiten Fall ist ein Fahrzeug einfach zwischen den beiden Schülerlotsen durchgefahren und hat beide mit den Außenspiegeln berührt. „Die beiden Schülerlotsen hatten natürlich Angst.“ Böhle erstattete Anzeige, denn die beiden Schüler hatten sich die Kennzeichen der Fahrzeuge gemerkt. „Da geht es um physische Gefährdung der Kinder.“ Der Elternvertreter schrieb zudem einen Brief an Stadt, Polizei und Verkehrsprävention.

Daraufhin zeigte die Polizei morgens mehr Präsenz. Böhle: „Uns wären bauliche Maßnahmen am liebsten.“ Etwa eine zweite Gehwegnase an der Kreuzung zur Offenburger Straße. „Es soll einfach nicht so schnell gefahren werden.“ Denn Tempo 30 vor der Schule schreckt die Verkehrsteilnehmer nicht ab. Der Wunsch der Schule nach einem Zebrastreifen hatte die Verwaltung abgelehnt und auf die Straßenverkehrsordnung verwiesen: nicht genügend Verkehrsaufkommen.

Eltern-Taxis und so genannte Helikoptereltern, die den Nachwuchs am liebsten bis ins Klassenzimmer begleiten, gibt es überall. In der Carl-Benz-Schule mussten vor Jahren Poller aufgestellt werden, um zu verhindern, dass Eltern in den Schulhof fahren. Der Rektor der Schillerschule, Ralf Hermann, beklagte sich vor zwei Jahren in einem Brief an die Eltern. Diese fielen nicht nur durch rigorose Parkmanöver vor der Schule auf, sondern störten sogar den Unterricht.

Daher gibt es seit Jahren das Projekt „Sicher zu Fuß zur Schule“, an dem Staatliches Schulamt, die Stadt, die Polizei und der Förderverein sicheres und und sauberes Stuttgart beteiligt sind. „Schüler sollen dazu animiert werden, zu Fuß zur Schule zu gehen“, beschreibt Gregor Belgardt, bei der Stadt für Kriminalprävention zuständig. Es soll unter anderem Vertrauen aufgebaut und dazu animiert werden, Laufgruppen zu bilden. 5600 Schüler haben sich im vergangenen Jahr an der Aktion beteiligt. „In diesem Jahr liegen 6200 Anmeldungen vor.“ In zwei Aktionswochen können Punkte gesammelt werden. Wer am meisten Punkte holt, wird mit einem Ausflug in die Wilhelma belohnt. Die Auftaktveranstaltung zur diesjährigen Aktion findet am 27. März statt - an der Altenburgschule.