Die Firma Eckardt wurde im Jahr 1873 von Johann Carl Eckardt als die „Erste Süddeutsche Manometer-Fabrik“ gegründet. In ihrer Hochphase arbeiteten hier fast 2000 Menschen . Foto: Nagel Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Der Name Eckardt, der einmal für eine ruhmreiche Industrieepoche an der Pragstraße stand, verschwindet. Der heutige Besitzer, der französische Elektronikkonzern Schneider, hatte die Grundstücke 2016 an die benachbarte Firma Mahle verkauft. Doch aus der angekündigten Standort-Verlagerung wurde eine Schließung. Rund 80 Mitarbeiter sind betroffen.

Was viele Cannstatter nicht wissen: Hinter den tristen Mauern werden auch heute noch spezielle Messgeräte von fast 80, teilweise hoch qualifizierten Mitarbeitern hergestellt. Die Cannstatter, die heute unter dem Namen Eckardt-Foxboro für den französischen Elektrotechnik-Konzern Schneider auf dem Markt tätig sind, gehören weltweit zu den Top Drei, wenn es um die Herstellung von Messgeräten und Transmittern geht. Damit lassen sich Druck und Füllstand beispielsweise bei Tankanlagen überprüfen.

Doch damit ist Schluss - definitiv. Denn wie jetzt der Betriebsrat mitteilte, will trotz der momentan guten Auftragslage die Konzernspitze die Produktion als Foxboro-Eckardt an der Pragstraße noch in diesem Jahr einstellen. Von der Standortschließung sind 77 Beschäftigte betroffen, was Ärger und Entsetzen ausgelöst hatte. Darunter auch bei Claus F., der seit 36 Jahren im Betrieb ist. „Ich arbeite seit 1981 im Versand und in der Lackiererei - die Nachricht trifft mich doppelt hart.“ Denn er sei zu 60 Prozent schwerbehindert, was die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz nicht einfacher mache. Auch der 30-jährige Daniel R., der nicht weit weg von seinem Arbeitsplatz wohnt, ist schockiert. Er wollte demnächst heiraten, hat sich gerade eine Wohnung gekauft und seine künftige Frau ist schwanger. Wie es finanziell weitergeht, weiß er ebenfalls nicht. Was Elvira K., gelernte technische Zeichnerin und seit Jahren für die Qualitätssicherung zuständig, schon gar nicht versteht: „Wir stellen Qualität her und die Nachfrage ist groß, die Geschäftsleitung macht sich keine Gedanken, was es für uns bedeutet, ohne Not den Arbeitsplatz zu verlieren.“

Auch der Betriebsrat sieht angesichts der guten Auftragslage die Auslagerung der Produktion als nicht gerechtfertigt an und bezieht in den derzeit laufenden Verhandlungen um einen Sozialplan deutlich Stellung: „Foxboro-Eckardt hat eine soziale Verantwortung gegenüber den Beschäftigten. Dieser muss die Geschäftsführung jetzt gerecht werden“ fordert der Betriebsratsvorsitzende Marc Callenberg. „Wir fordern faire Verhandlungen im Sinne der Beschäftigten. Unser Ziel ist es, gute Lösungen für die Beschäftigten zu finden. Dazu können auch Abfindungen gehören - wichtig ist aber vor allem, dass die Kollegen weiterhin Arbeit haben“.

Bei der IG Metall war man zunächst überrascht über die Standortaufgabe. „Nachdem bekannt wurde, dass das Gelände an Mahle verkauft worden war, hat es geheißen, man suche nach einem neuen Produktionsstandort im Raum Stuttgart“, sagt Britta Cartarius von der Geschäftsstelle Stuttgart. Nach einem Besuch eines Konzernverantwortlichen aus Frankreich im vergangenen Jahr war jedoch klar, wohin die Reise gehen soll. „Die Herrschaften konnten uns gar nichts sagen - so etwas habe ich selten erlebt“, so Britta Cartorius, für die es nur ein schwacher Trost sei, dass 20 Mitarbeiter aus der Entwicklung weiterhin in Stuttgart arbeiten sollen. Dennoch gibt sich die Gewerkschaft kämpferisch. „Wir planen Protestaktionen, die auch am Firmengebäude zu sehen sein sollen.“ Was bis auf weiteres gesichert ist: Bis Ende 2017 kann in den Gebäuden gearbeitet werden. Doch spätestens 2018 will dort Mahle mit dem Abriss der alten Gebäude und den baulichen Erweiterungen beginnen.

Jochen Maurer, Leiter der zentralen Bauabteilung und für das Projekt „Mahle Future“ zuständig, hat das Vorhaben bereits im Juli 2016 im Bezirksbeirat Bad Cannstatt vorgestellt. Wegen der Unternehmenszukäufe im Inland in den vergangenen Jahren, unter anderem kamen Behr (Feuerbach) und Letrika (Freiberg/Neckar) hinzu, mussten jede Menge externe Büroflächen im Stadtgebiet für fast 700 Mitarbeiter angemietet werden. Neben den Mietkosten auch verwaltungstechnisch für den Konzern nicht optimal. „Unser Ziel ist es, dass möglichst viele Arbeitsplätze von den angemieteten Flächen zurück in zusammenhängende Mahle-Gebäude integriert werden können“, so Jochen Maurer. Da eine Sanierung der zum Teil sehr maroden Eckardt-Gebäude wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, werden sie abgerissen und durch moderne Neubauten ersetzt.

Angesichts der Größe und Komplexität des zu bebauenden Areals wird das Projekt abschnittsweise realisiert. Bekanntermaßen will Mahle auch das Epple-Areal in der Quellenstraße kaufen. Neben Büros und Konferenzräumen sollen eine neue Kantine sowie Stellplätze entstehen. Zudem ist im Bereich der heutigen Kreuzung Quellen-/Glockenstraße eine Art Campus geplant, der die verschiedenen Bürokomplexe verbindet. Was die Fertigstellung das Bauprojekts angeht, so hat der Konzern ein großes Ziel: Im Jahr 2020 wird Mahle 100 Jahre alt, dann sollen die Feierlichkeiten natürlich in neuen Räumlichkeiten und nicht auf einer Baustelle stattfinden.