Trocknung und ein Container voller Abfall nach der großen Überschwemmung beim Anglerverein. Fotos: Frey Quelle: Unbekannt

Hofen kämpft noch immer mit den Auswirkungen der Überflutung vom Samstag. „Für die Bewohner, die betroffen sind, ist es dramatisch“, sagt Bezirksvorsteher Ralf Bohlmann, der am Samstag und gestern vor Ort war. Zum Glück sei niemand zu Schaden gekommen. Doch der Sachschaden sei noch nicht abzuschätzen. Die Ursache sei ein technischer Defekt in der Schleuse gewesen.

Von Iris Frey

Das berichtet Thomas Ruhland, Technischer Leiter Einsatz der DLRG, deren Gebäude am Neckarufer überflutet war. Alle sieben Autos standen im Wasser. So habe es ihm das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt erklärt. Die DLRG könne die Wasserrettung aufrechterhalten, habe aber die Einheit für medizinische Großschadensfälle abgemeldet, eine von sieben solcher Einheiten in Stuttgart.

Manche haben „nur“ ein wenig Hausrat verloren, andere haben nur noch ihre Visitenkarte. Wie beispielsweise Alois Wimmer. In seinem Garten, dessen Haus beim Kraftwerk und der Schleuse in Hofen liegt, ergoß sich die Flutwelle des Neckars, zerstörte seine Schreinerwerkstatt, eine Anliegerwohnung und strömte weiter in andere Keller und Häuser. „Wir hatten gestern zwölf und am Samstag 51 Helfer“, sagt seine Frau Catja Wimmer. Wie es für die Familie weitergeht, wissen sie noch nicht. Ein kleiner Ventilator bläst. Große Entlüfter sind Mangelware. „Die Trockenbaufirma hat keine Geräte mehr“, berichten sie. Sind vergriffen. Hilfe, auch durch Nachbarn, ist angesagt. Wie hoch ihr Schaden ist, ist noch unklar.

Und das hat alles das Wasser angerichtet, das am Samstag gegen 4.30 Uhr über Hofen hereinbrach. Auch Sigrid Meier sagt: „In meinen ganzen 85 Jahren, die ich hier lebe, habe ich so etwas noch nie erlebt.“ Bei ihr und ihrem Mann Gustav laufen ebenfalls Ventilatoren in der Scillawaldstraße. Das Untergeschoss ist nass. Eine Warnung gab es nicht. „Ein Nachbar hat das Wasser gesehen und die Feuerwehr gerufen“, sagt Meier.

Weiter oben, vorne Richtung Wehr, haben ein paar Häuser keinen Strom. Vladimir Majer zeigt seinen VW-Bus, der zur Hälfte unter Wasser stand. Bei Meiers haben sich zwei Autos durch die Flut aufgeinandergeschoben, im Auto von Gustav Meier ist noch Wasser. Frederik Mönter räumt seinen Schuppen auf, Kinderwagen, Werkzeug und Fahrräder waren betroffen. „Wir haben noch ziemlich Glück gehabt“, sagt er. Er hofft, das die Schadensursache gefunden wird.Wie Barbara Grüter, stellvertretende Leiterin des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts (WSA), erklärt, sei die Ursache für die Überflutung, dass der Pegel am Neckar zu hoch war. Von 50 Kubikmeter pro Sekunde floss das Wasser innerhalb kurzer Zeit zu 320 Kubikmetern pro Sekunde in Plochingen hoch. Ursache sei starker Regen gewesen. Die Haftungsfrage müsse noch geklärt werden, so Grüter. „Wir überlegen, die Meldewege zu verbessern“, sagt Grüter. Beim Wehr in Hofen sei niemand vor Ort. Die Fernbedienzentrale werde von Obertürkheim aus gesteuert. Dort würden sieben Staustufen gesteuert. Von der Ferndienststelle habe die Fernbedienung des Wehres nicht mehr funktioniert, so Grüter. Dann sei die Rufbereitschaft informiert worden, dass sie nach Hofen fährt und dort das Wehr direkt steuert. „Das hat Zeit gekostet“, so die stellvertretende WSA-Chefin. In Hofen gebe es drei Wehrfelder, das Mittlere sei derzeit in Revision. Durch die beiden anderen hätte es aufgefangen werden können. „Wir haben schnellstmöglich reagiert“, so Grüter. Es habe daran gelegen, dass das Wasser so schnell gestiegen sei.

Auch das Wasserkraftwerk Hofen der Netze BW ist am Wochenende ausgefallen. Wie der Sprecher Hans-Jörg Groscourth erklärt, sei die Störung im Netz am Freitagabend gewesen. Eine Maschine habe am Samstag und eine gestern wieder ans Netz gehen können. Dies habe die Situation mit dem Wasserpegel nicht einfacher gemacht, so Groscourth. Doch die Anlage in Hofen könne maximal 60 Kubikmeter Wasser loslassen. Die Ursache für die Störung ist auch hier unklar.

Durch die Überflutung im Bereich des Hofener Wehrs waren laut Feuerwehr elf Häuser und 25 Fahrzeuge betroffen. Das Wasser habe in den Häusern bis zu 2,50 Meter hoch gestanden, so die Feuerwehr. Zu den Betroffenen gehörte auch der Württembergische Anglerverein (WAV). „Hier gab es mehrere zehntausend Euro Schaden“, wie Hans-Hermann Schock, Vorsitzender des WAV, erklärt. Das Anglerfest am 2. September werde möglicherweise ausfallen.

Das WSA ist für Betroffene erreichbar unter Telefon 255 52-330.

Hochwasser in den Neckarvororten

(uli) - „Das schlimmste Hochwasser des Neckars seit 150 Jahren“, lautete am 26. Mai 1978 die Schlagzeile unserer Zeitung. Der Neckar erreichte einen Pegelstand von 5,79 Metern - stolze 79 Zentimeter über der Katastrophenmarke aus dem Jahr 1824. Mehr als 600 Keller mussten leergepumpt werden, Menschen in der Hofener Straße wurden mit Schlauchbooten gerettet. Besonders betroffen war der Stadtbezirk Mühlhausen - der Sportplatz der SKG Max-Eyth-See wurde zum „Freibad“ und stand einen Meter unter Wasser. Das letzte Hochwasser gab’s am 2. Juni 2013. Die Wassermassen, die an den Neckarvororten vorbei geflossen sind, bezeichneten Experten als 50-jähriges Hochwasser. Allerdings wurde der Höchststand von 1978 nicht erreicht. Die Feuerwehr hatte mit etwa 60 Einsätzen alle Hände voll zu tun. Rund 220 Mann waren im Einsatz. Der älteste Bericht über Hochwasser in den Neckarvororten stammt aus dem Jahr 1524. Viele Bürger flohen damals aus Cannstatt. Es war eine Zeit, in der sich solche Ereignisse häuften: 1552, 1558, 1560, 1565, 1569, dann erst wieder 1651 und 1684. Im Jahr 1797 wurde Cannstatt dreimal überschwemmt. Besonders hoch lief der Neckar nach 36-stündigem Regen am 27. Mai 1817 auf. Von der normal 5,73 Meter über dem Fluss liegenden Brücke war nur noch das Geländer sichtbar. Drei Personen ertranken. Noch schlimmer war das Hochwasser vom 29./30. Oktober 1824, das ganz Cannstatt unter Wasser setzte. Zwei Millionen Liter strömten pro Sekunde ab - gegenüber einem Durchschnitt von 38 000 Litern. Die meisten Erdgeschoss-Wohnungen mussten verlassen werden. Im Jahr 1851 suchte Hochwasser das Neckartal gleich dreimal heim. Beim ersten Mal, Anfang August, war die Bahn nach Ulm an zwei Stellen unterbrochen, und die Passagiere mussten die Stellen zu Fuß passieren. Am 25./26. September riss das Wasser die Volksfest-Tribünen hinweg. Stieg das Hochwasser und damit das Grundwasser stark an, so konnten auch die Keller von Häusern, die nicht am Fluss standen, unter Wasser geraten, nämlich allein dadurch, dass das Wasser von unten hineingedrückt wurde. So geschah es 1834 in der Hallstraße, weil das Grundwasser in den Breywiesen nach drei Monate anhaltendem Regen stieg.