Peter Kieferle wuchs in der Neckarvorstadt auf und hat deshalb ein Buch über deren bauliche Entstehung geschrieben. Foto: Spahlinger Quelle: Unbekannt

(mas) - Aus Neugier am eigenen Stadtteil und fehlender zusammenhängender Literatur hat der Cannstatter Peter Kieferle die bauliche Entstehung der Neckarvorstadt in den vergangenen Jahren im Stadtarchiv Stuttgart erforscht und seine Ergebnisse nun in einem Buch zusammengefasst.

Eine geometrische Aufgabe lösen - wie bei eine Puzzlespiel - so beschreibt Peter Kieferle seine Arbeit der vergangenen Jahre. „2009 fing ich mit meinen Nachforschungen an“, erzählt er. „Die heiße Phase war dann aber von 2011 bis 2014.“ Fast jeden Tag verbrachte der 72-Jährige drei bis vier Stunden im Archiv in Bad Cannstatt. Rausgekommen ist am Ende ein 112 Seiten langes Werk über die bauliche Entstehung der Neckarvorstadt.

Angefangen hatte alles mit der Neugier des Bauingenieurs im Ruhestand. „Ich bin in der Neckarvorstadt aufgewachsen und war deshalb einfach daran interessiert, wie sie entstanden ist“, sagt Kieferle, der heute auf der Steig wohnt. „Deshalb wollte ich etwas über die Geschichte dieses Stadtteils lesen.“ Nur gab es da nicht besonders viel. Damals habe er sich im Stadtmuseum oft mit dem verstorbenen Stadthistoriker Hans Otto Stroheker unterhalten. „Nachdem ich zum Thema Vorstadt keine zusammenhängende Literatur gefunden habe, meinte Stroheker, dass ich das dann selbst zusammen recherchieren müsse“, so Kieferle.

Im Stadtarchiv Stuttgart sichtete er Fotos und kleine schriftliche Akten und merkte, dass es immer weiterging. „Es gab immer noch ältere Aufzeichnungen, dann wagt man sich an neue Schriften und es geht immer weiter und weiter“, sagt Kieferle. „Mit Akten, die bis ins 15. Jahrhundert zurückreichen, konnte ich Zusammenhänge zwischen Besitzern und Häusern herstellen.“

Nach und nach erforschte er so die Geschichte. Da Hausnummer erst auf den Plänen ab 1800 stehen, musste er die Geschichte jedes Hauses anhand der Besitzernamen zurückverfolgen. Dafür gab es Kauf-, Guts- und Lagerbücher. Außerdem gab es unterschiedliche Grundherren, die in der Neckarvorstadt Besitz hatten. „Das Hospital Esslingen hatte zum Beispiel Grundbesitz in der Vorstadt,“ erzählt Kieferle. Also ging es ins Archiv nach Esslingen, um weitere Nachforschungen zu betreiben. Auch im Staatsarchiv Stuttgart stellte Kieferle Nachforschungen an.

„1300 enden jedoch alle Aufzeichnungen. Für die Zeit davor gibt es nur noch Urkunden.“ Auch archäologische Bodenfunde halfen dem ehemaligen Bauingenieur, sein Puzzle zusammenzusetzen.

Nachdem alle Namen, geologische Daten und sonstige Aufzeichnungen zusammengetragen waren, ging es an deren Aufarbeitung. „Ich habe mit Tabellen am Computer gearbeitet. Alle Funde, die an einer Straße lagen, hab ich farblich markiert. So entstand Stück für Stück sein Werk mit Landkarten, Kupferstichen, Tabellen und geschichtlichen Erläuterungen. Auch die Gestaltung des Buchs hat der 72-Jährig selbst mit einem Layoutprogramm gemacht.

Ein ganz besonderer Fund gelang dem Rentner während seiner Arbeit. „Die sagenhafte Burg Brie wurde in den Akten bis etwa 1700 immer noch von Stadtschreibern erwähnt, bisher wurde aber immer nur vermutet, wo sie gestanden hat“, sagt Keiferle „Ich konnte ihre Lage anhand der Aufzeichnungen geometrisch ermitteln.“

Als nächstes will Kieferle Nachforschungen über die Altstadt betreiben. „Jetzt kenne ich die Denkweise der Schreiber und bin in der Thematik drin“, erläutert er. „Außerdem habe ich gemerkt, dass es Wechselbeziehungen zwischen Vor- und Altstadt gibt.“ Dafür will er sich aber Zeit lassen und nicht mehr täglich ins Archiv gehen. „Wenn schönes Wetter ist, verbringe ich meine Zeit gerne auch im Freien.“

„Die Neckarvorstadt zu Cannstatt“ wird in Kürze bei Bücher Wagner und im Stadtmuseum erhältlich sein.