Neben der Reinigung soll die Stadt bei der Biotonne auch den Vollservice wie bei den Grauen und Grünen Tonnen einführen. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Die Biotonne gibt es schon seit gut zwei Jahrzehnten in der Landeshauptstadt - allerdings bis 2015 auf freiwilliger Basis. Durch die Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes wurde daraus eine Pflicht. Mittlerweile ist die flächendeckende Einführung weit fortgeschritten, im Abfuhrbezirk Neckar ist sie sogar schon abgeschlossen. Hier wurde die Zahl der Biotonnen mit 26 556 weit mehr als verdoppelt.

2013 hat der Eigenbetrieb AWS rund 14 000 Tonnen Bioabfall gesammelt und einer Kompostierung zugeführt, was 23 Kilogramm pro Einwohner und Jahr entspricht. Ambitioniertes Ziel des Eigenbetriebs ist es, diese Zahl auf 50 bis 60 Kilogramm nach erfolgter Umstellungsphase zu steigern. „30 000 bis 35 000 Tonnen sollen dann jährlich gesammelt werden“, sagte Bürgermeister Dirk Thürnau, als die Stadt mit der flächendeckenden Einführung begann. Und dieser Bioabfall soll einmal in der geplanten Bioabfallvergärungsanlage in Zuffenhausen entsorgt werden.

Und die Stadt scheint auf einem guten Weg, ihre Ziele zu erreichen. Der Abfuhrbezirk Neckar, der aus 32 227 Objekten (darunter versteht der Eigenbetrieb Grundstücke, die an die Sammlung angeschlossen werden müssen) besteht, ist als erster von insgesamt drei Bezirken mittlerweile erledigt. Hier wurde die Zahl der Biotonnen von 11 979 auf 26 556 und der sogenannte Anschlussgrad von 36 auf 85 Prozent erhöht.

An insgesamt 3634 Objekten (rund elf Prozent) wurde einer beantragten Eigenverwertung aller organischen Abfälle auf dem eigenen Grundstück stattgegeben. Eine Genehmigung zur Bildung beziehungsweise Teilnahme an einer Biobehältergemeinschaft wurde an insgesamt 1717 Objekten (rund fünf Prozent) erteilt. Rechnerisch verblieben rund 750 Objekte (zwei Prozent) ohne eine entsprechende Behälterausstattung. In diesen Fällen handelt es sich in der Regel um gewerblich genutzte und damit nicht anschlusspflichtige Objekte oder um Sondereigentum.

Probleme gab es allerdings auch, aber nur zu anfangs, da acht Stellen nicht schnell genug besetzt werden konnten. Dabei handelte es sich um befristetes Personal, das die zurückgeschickten Fragebögen auswerten sollte. Erst mit drei Monaten Verspätung konnte im Bezirk Neckar die Verteilung beginnen. Doch auch die Bürger, die im Vorfeld mehrfach auf den Teilservice bei den Biotonnen hingewiesen wurden, hatten so ihre Anlaufschwierigkeiten. Nicht immer standen zum Abholtermin die braunen Tonnen parat. Doch das Bereitstellen durch die Bürger hat sich genauso eingespielt wie das richtige Befüllen der Behälter.

Für das gesamte Stadtgebiet ergibt sich ein aktueller Anschlussgrad von 70 Prozent. Seit Beginn der Einführung wurden insgesamt 23 783 Biotonnen aufgestellt, so dass der Gesamtbestand bei mittlerweile 54 675 liegt. Während im Stuttgarter Osten die Umstellung im vollen Gange ist, steht der Filderbezirk in den Startlöchern. Die Verantwortlichen schätzen, dass im April 2018 Kaltental als letzter Stadtteil mit Biotonnen bestückt werden kann.

Die Landeshauptstadt möchte in Sachen Biotonne eine eigene Verarbeitungsanlage bauen, um die Entsorgung zu gewährleisten. Rund 13 Millionen Euro kostet das Projekt, das in Zuffenhausen realisiert werden soll. Der Projektbeschluss erfolgte durch den Gemeinderat im Jahr 2015. Abschluss der Planungen war 2016, die benötigten Gutachten wegen Lärm und Geruch liegen ebenfalls vor. Die öffentliche Auslegung der Beschlussvorlage ist für diesen Sommer geplant. Für das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren ist eine Beschreibung des vorgesehenen Energiemanagements erforderlich. Hierzu wurde zusammen mit der Stadtwerke Stuttgart GmbH ein Konzept erarbeitet, um mit dem gewonnenen Rohbiogas mittels Blockheizkraftwerk Strom und Wärme zu erzeugen. Diese Energie soll dann im Stammwerk der Porsche AG verwertet werden.

Sobald das Regierungspräsidium die Anlage genehmigt hat, erfolgt die europaweite Ausschreibung. Die AWS-Verantwortlichen sind optimistisch, dass Sommer 2018 mit dem Bau begonnen werden kann.

Keine „Bio“-Kunststofftüten

Bioabfälle in Plastiktüten sind natürlich ein No-Go. Doch wie verhält es sich mit kompostierbaren „Bio“-Kunststofftüten? Die Küchenabfälle sollen laut AWS-Experten auf keinen Fall so entsorgt werden. Weil die Tüten je nach Materialbeschaffenheit und derzeit verfügbarer Anlagentechnik nur anteilig zersetzt werden, können sie bei der Kompostierung wie auch bei der Vergärung einen erheblichen Störstoff darstellen. Deshalb ist ihre Verwendung gemäß Abfallwirtschaftssatzung der Landeshauptstadt Stuttgart ausgeschlossen. Die vermeintlich noch kompostierbaren Plastikreste unterscheiden sich übrigens nicht von den unkompostierbaren Resten und müssen aufwendig herausgesiebt werden, denn verunreinigter Kompost darf weder Landwirten noch Verbrauchern angeboten werden. Auch in modernen Vergärungsanlagen können kompostierbare Plastiktüten noch nicht vollständig zersetzt werden, da die Verweildauer für die Behandlung des Bioabfalls ebenfalls zu kurz ist. Alternativ sollen lieber kompostierbare Papiertüten verwendet oder die Bioabfälle in Zeitungspapier oder Pappe gewickelt werden. Papier/Pappe verrottet vollständig und beeinträchtigt den Kompostierungs-/Vergärungsprozess nicht. Zeitungspapier beugt außerdem Verschmutzungen in der Tonne vor, saugt Flüssigkeiten auf und verhindert so lästige Gerüche.