Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Immer wieder werden in der öffentlichen Toilette im Alten Rathaus Fixerutensilien gefunden. Selbst das Abschließen hat nichts genützt - die Süchtigen haben mehrfach die Türe aufgebrochen. Jetzt hat Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler zu einer außergewöhnlichen Abschreckung gegriffen. Er hat blaues Licht in dem Raum installieren lassen, womit das Spritzen extrem schwierig wird. Es ist aktuell das einzige öffentliche WC in Stuttgart, das damit ausgestattet wurde.

Vor einem Jahr hat die Polizei ein neues Sicherheitskonzept in der Stuttgarter Innenstadt installiert. Der Grund waren die Vorfälle in der Silvesternacht, die zwar nicht wie in Köln eskaliert waren, allerdings gab es damals auch in der Landeshauptstadt extrem viele Beschwerden. In der Folge wurde die Sondereinheit Sicherheitskonzeption Stuttgart (SKS) gegründet. Seit einem Jahr sind jetzt bis zu 100 Beamte mehr in der City im Einsatz. In diesem Zeitraum wurden gut 36 000 Personen überprüft, etwa 2000 Straftaten sowie mehr als 1000 Ordnungswidrigkeiten aufgedeckt beziehungsweise angezeigt. 284 Menschen wurden in Gewahrsam beziehungsweise festgenommen. Darüber hinaus wurden 3157 Platzverweise ausgesprochen. Neben Gewalt und Eigentumsdelikte ging es in den meisten Fällen um Rauschgiftdelikte.

Doch die verstärkten Kontrollen der Polizei in der Innenstadt wirken sich offenbar negativ auf die Außenbezirke aus. Die Drogenszene ist mobil und weicht aus - unter anderem nach Bad Cannstatt. „Sie nutzen viel den ÖPNV und sind im ganzen S-Bahngebiet mobil“, sagte Thomas Engelhardt, Leiter des Polizeireviers 6 in der Martin-Luther-Straße, bereits im November, als ein mutmaßliches Drogenproblem in Stuttgarts größtem Stadtbezirk die Runde machte. Denn in den örtlichen Apotheken wurden auffällig vermehrt Spritzen gekauft. Cannstatts Polizeichef bestätigte zwar einen Anstieg von 610 auf 640 Rauschgiftdelikten gegenüber dem Vorjahr, von einem Drogenproblem wollte er jedoch nicht sprechen: „Kein Grund zur Sorge - es gibt hier keine feste Szene.“ Die sei erfahrungsgemäß nun einmal dort aktiv, wo es eine gute ÖPNV-Anbindung gebe, wo sie gut bedient werde und wo sie verdeckt konsumieren könne.

Dazu zählt offenbar auch die öffentliche Toilette im Alten Rathaus; und zwar seit dem Zeitpunkt, als das neue Sicherheitskonzept in der City in Kraft trat. „Wir haben im Frühjahr 2016 bemerkt, dass das WC verstärkt von Drogensüchtigen besucht wird“, sagt Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler. Regelmäßig wurden Spritzen gefunden und es gab Beschwerden.

So richtig gravierend wurden die Zustände allerdings im November. Selbst eine verschlossene Tür war kein Hindernis - sie wurde kurzerhand gewaltsam aufgebrochen. „Und das gleich mehrmals“, so Löffler, der sich damals entschied, die Toilette erst gar nicht mehr aufzumachen. Das sei jedoch nur gegangen, da im Zuge des Welt-Weihnachtsmarkts Dixi-Toiletten auf dem Marktplatz für die Öffentlichkeit zur Verfügung standen.

Um künftig Drogensüchtige von dem WC fernzuhalten, hat die Abfallwirtschaft Stuttgart, die die öffentlichen Toiletten der Landeshauptstadt betreut, jetzt auf Bitten des Bezirksvorstehers blaues Licht anbringen lassen. Das erschwert den Drogensüchtigen das Auffinden einer Vene. Bisher war laut AWS die Abschreckung ein Erfolg, die Toilette war weder zerstört noch wurden weitere Spritzen gefunden. Laut den Verantwortlichen des Eigenbetriebs wird jetzt überlegt, ob nicht das WC am Seilerwasen ebenfalls mit Blaulicht ausgestattet werden soll. Auch dort finden die Reinigungstrupps immer wieder Utensilien von Drogensüchtigen. Es ist laut den AWS-Verantwortlichen bisher die einzige Blaulicht-Toilette in der Landeshauptstadt - aber nicht die allererste. Denn bereits vor 15 Jahren wurde in Bad Cannstatt am Wilhelmsplatz ein öffentliches WC damit ausgestattet - allerdings damals ohne nennbaren Erfolg. Das Drogenproblem hat sich dort erst mit der Umgestaltung erledigt.