Von Uli Nagel

Für Sommerrain gibt es eine Hiobsbotschaft zum Jahresende: Der Bonus-Markt im Rosmarinweg schließt am 31. März 2017. Doch damit entsteht nicht nur eine Lücke in der Nahversorgung. Denn das Aus des 450 Quadratmeter großen Einkaufsmarktes bedeutet auch das Ende für die dort ansässige Postfiliale.

Der 23. Februar 2005 war ein wichtiger Tag für den Cannstatter Stadtteil und seine etwa 3200 Einwohner. Damals schloss der Bonus-Markt eine Lücke in der Nahversorgung, die Lidl hinterlassen hatte. Der Discounter hatte Ende 2003 seine Filiale aufgegeben. Doch nach zwölf Jahren muss jetzt auch der Bonus-Markt das Handtuch schmeißen. „Die Umsatzzahlen sind seit der Rewe-Eröffnung an der Schmidener Straße rückläufig“, sagt Manfred Kaul, Geschäftsführer der Bonus gGmbH, die eine hundertprozentige Tochter der SBR (gemeinnützige Gesellschaft für Schulung und berufliche Reintegration) ist. Wie sehr, könne er momentan nur schätzen: „Zwischen 15 und 25 Prozent.“ Und damit könne der Bonus-Markt im Rosmarinweg nicht mehr wirtschaftlich arbeiten.

Doch die Entwicklung war spätestens nachdem der Bezirksbeirat und der Gemeinderat grünes Licht für den Supermarkt an der Schmidener Straßen gegeben hatten, abzusehen gewesen. Und das, obwohl der Bonus-Markt im Rosmarinweg mit seinen fast 450 Quadratmetern und gut 7500 Artikeln als Vollsortimenter geführt wurde. Während der Aldi nach seiner Eröffnung offenbar keine „Konkurrenz“ darstellte, so hatte der Bonus-Markt gegen den 1500 Quadratmeter großen Supermarkt um die Ecke mit seinem großen Sortiment und Stellplatzangebot keine Chance. „Es war nur eine Frage der Zeit“, so Kaul. Mit dem Aus verfügt die Bonus gGmbH in Stuttgart nur noch über sieben Filialen: neben den Standorten in Büsnau, Heslach, Hofen, Münster und Stuttgart-West gibt es noch zwei Märkte in Rohr.

Damit teilt Sommerrain ab März das gleiche Schicksal wie so viele andere Stadtteile der Landeshauptstadt (Steinhaldenfeld, Uhlbach, Neckarvorstadt), denn es verfügt dann ebenfalls über keinen Nahversorger mehr in zentraler Lage. Besonders hart trifft dies natürlich wie immer die älteren und weniger mobilen Menschen. Und davon gibt es in Sommerrain überdurchschnittlich viele im Vergleich zum übrigen Bad Cannstatt. Denn mit einem Durchschnittsalter von 47,5 Jahren ist die „Gartenstadt“ mit Abstand der älteste der 18 Cannstatter Stadtteile. Fast 900 Menschen leben hier, die älter als 65 Jahre sind. „Mit diesem Hintergrund ist die Schließung eine Katastrophe“, sagt Werner Schüle vom Stadtseniorenrat, der selbst im Sommerrain wohnt und gestern von der Hiobsbotschaft erfuhr. Was in Sommerrain erschwerend hinzu kommt: „Das Aus des Einkaufsmarktes bedeutet auch das Aus der Postfiliale und damit einen weiteren herben Verlust einer wichtigen Infrastruktureinrichtung, nachdem bereits die BW-Bank ihre Filiale aufgegeben hat“, so Werner Schüle. Er sehe dringenden und vor allem schnellen Handlungsbedarf für die Stadtverantwortlichen.

Eine Lösung für die Zukunft könnte vielleicht das neue Konzept „Bonus-Markt Light“ sein. Das Projekt wird einmalig von der Stadt mit 70 000 Euro für die Ausstattung bezuschusst. Im Weilimdorfer Stadtteil Wolfbusch (knapp 3000 Einwohner) soll der erste kleine Markt im Oktober 2017 auf rund 150 Quadratmetern Fläche mit einem kleinen Sortiment von etwa 2500 Artikeln starten, das zu 60 Prozent aus Frischeprodukten bestehen soll. Für ältere und nichtmobile Kunden soll sogar ein spezieller Bestell- und Lieferservice angeboten werden. „Wir müssen sehen, wie das Pilotprojekt anläuft und angenommen wird“, tritt Kaul auf die Euphoriebremse. Denn eines müsse auch den Stadtverantwortlichen klar sein: „Die Lücken in der Nahversorgung zu schließen, das kostet Geld.“