Noch ist die Außenwand rissig. Wer die Kosten für den neuen Putz am Alten Rathaus tragen muss, wird wohl am Ende ein Gericht entscheiden. Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Wie groß die Fassadenschäden am Alten Rathaus sind und wann die Stadt mit der Sanierung beginnen kann, sollen Gutachter feststellen. Die hatten vor der Frostperiode Markierungen an den Außenwänden angebracht, mit denen sich feststellen lässt, wie stark der Außenputz „arbeitet“. Das Hochbauamt rechnet in den kommenden Wochen mit ersten Ergebnissen.

Cannstatter Bürger kennen sie noch aus der Zeit vor der Generalsanierung. Auch damals wurden an den Fassaden des Alten Rathauses Rissmarkierungen angebracht. Die Experten wollten sehen, wie sehr sich die Doline, die Ursache für den Schiefstand des Gebäudes war, auswirkt. Waren die Markierungen damals aus Gips, so haben sich die Gutachter diesmal für eine anspruchsvollere Variante entschieden, die im Spätherbst an drei der vier Gebäudefassaden verschraubt wurden. „Insgesamt neun Stück“, sagt Markus Hartung, Leiter der Abteilung Bauunterhaltung beim Hochbauamt. „Die Gutachter wollen wissen, wie sich die Risse während der Frostperiode verändern.“ Was das Ausmaß der Schäden sowie den Kosten- und Sanierungszeitplan angeht, so müssen man jetzt abwarten, was die Gutachter feststellen.

Zeit wird‘s, denn es ist immerhin eineinhalb Jahre her, dass die Fassadenproblematik publik wurde. Es war kein schöner Anblick, der sich Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler und seinen Mitarbeitern im Spätherbst 2015 bot: Risse, innen wie außen. Und es wurden immer mehr. Und zwar nicht nur an der Südseite, wo sie schon vor der Großsanierung des alten Rathauses Stammgäste waren. Denn unter fast allen Fenstern des ersten Stockes „zieren“ sie die Fassade in Richtung Stadtkirche, ja selbst die Schokoladenseite des altehrwürdigen Gebäudes zur Marktstraße hin blieb nicht verschont. Was hier im Sonnenlicht den Passanten zudem auffiel: der fleckige, schmuddelig aussehende Anstrich. Schnell machten damals die Worte „Pfusch am Bau“ die Runde, wobei für die Stadtverwaltung eindeutig ein Gewährleistungsmangel vorlag. Da die Frist noch nicht abgelaufen war - das für acht Millionen Euro grundlegend sanierte Alte Rathaus war erst im Sommer 2013 wieder eröffnet worden - sollte die Firma, die damals für das Verputzen verantwortlich war, die Schäden wieder beheben. Was wichtig war: Untersuchungen hatten ergeben, dass die Konstruktion an sich nicht betroffen war, die Ursache für die Risse an den Außenfassaden würden laut Hochbauamt am schlechten Putz liegen. Etwas anders verhält es sich mit den Rissen im Inneren. Dabei kann es sich um sogenannte Spannungsrisse handeln, die bei Gebäuden mit Fachwerkkonstruktionen immer wieder auftauchen und „normal“ sind, da so eine Gebäudekonstruktion „arbeitet“.

Das war Anfang 2016, mittlerweile hat sich einiges getan - leider nur im Schriftverkehr mit der für den Putz verantwortlichen Firma. Da die Mängelanzeige, welche die Stadt dem Betrieb per Einschreiben hat zukommen lassen, unbeantwortet geblieben ist, wird das Thema erneute Sanierung des Alten Rathauses wohl in einem Rechtsstreit münden. Schlimmstenfalls würde die Stadt auf den Kosten sitzen bleiben. Das wäre dann der Fall, wenn besagte Firma angesichts des Gewährleistungsmangels Insolvenz anmelden müsste. Denn eines steht fest: Billig werden die erneuten Fassadenarbeiten innen wie außen nicht.