Von Iris Frey

Isabella Bigl ist als Pfarrerin zur Dienstaushilfe in Bad Cannstatt bei Dekan Eckart Schultz-Berg tätig. Sie hat nicht nur in Tübingen, Leipzig und Halle evangelische Theologie studiert, sondern war auch in Spanien an einer päpstlichen Universität - als einzige Protestantin unter Priestern und Mönchen.

Es war sicherlich eine der spannendsten Zeiten für die Theologiestudentin, im Jahr 2011, als sie im zentralspanischen Salamanca, 220 Kilometer nordwestlich von Madrid entfernt, für sich die ökumenische Religion vertiefen wollte, bevor die 31-Jährige nun in Bad Cannstatt Pfarrerin ist: „Ich war als Erasmus-Studentin an der päpstlichen Universität und habe dort katholische Theologie studiert“, sagt sie. „Ich war da der bunte Hund.“ Ein halbes Jahr lang hat sie tief in die katholische Seele geblickt. „Das Herz des Vatikans schlägt dort.“ Demgegenüber hat sie den lutherischen Geist in sich wahrgenommen, als einzige evangelische Frau unter Priestern und Mönchen. „Ich habe wöchentlich Zeugnis ablegen müssen.“ Auch hat sie sich mit dem Thema „Marienlehre“ befasst, der Marienfrömmigkeit und über die Unterschiede nachgedacht und gesprochen. Mancher Mönch habe sich daraufhin von ihr weggesetzt. Doch die lehrenden Professoren hätten über den Tellerrand geschaut und seien offener gewesen, erinnert sie sich. Andere hätten es nicht verstanden, dass sie studiere und später als Frau denselben Beruf wie sie ausüben werde.

Beeindruckt habe sie bei den Katholiken „ihr Gespür für die Liturgie und sinnliche Erfahrung bei der Gestaltung von Gottesdiensten“. Sie habe im Studium verstärkt darüber nachgedacht, was ihr Lutherglaube ausmache und wo die Unterschiede liegen.

Nach Spanien hat sie in Tübingen Theologie studiert, ihr Examen gemacht und ist dann nach Heumaden gezogen. Dort hat sie ihr Vikariat absolviert. Im März vergangenen Jahres ist sie mit ihrem Mann nach Bad Cannstatt ins renovierte Pfarrhaus bei der Steigkirche gezogen und ist in Raten gestartet, denn: „Ich habe mit dem Dienstantritt ein Kind bekommen“, so Bigl. Sie hat nach acht Wochen Mutterschutz den Pfarrdienst angetreten und ist mit 25 Prozent eingestiegen - als eine der ersten Pfarrerinnen in Württemberg. „Es ist ein Pilotprojekt“, sagt sie, „dass Pfarrerinnen nach dem Vikariat nicht wegbrechen, wenn sie Kinder bekommen.“ Diese Möglichkeit sei ein großer Gewinn. Sie habe gute Erfahrungen gemacht, auch mit einem verständnisvollen Chef, dem Dekan. Mittlerweile arbeitet sie zu 50 Prozent und teilt sich die Stelle mit Angelika Gern, die in Wangen tätig ist und auch ein Kind hat. Bigl wohnt mit ihrer eineinhalbjährigen Tochter und ihrem Mann neben der Steigkirche. Ihr Mann ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit bei der Bibelgesellschaft. Auch er kann einen Home-Office-Tag einlegen. Die Eltern helfen beim Babysitten. So klappt es für sie gut, Familie und Beruf zu vereinen.

Bigl ist beim Dekan mit klassischer Gemeindearbeit betraut und hilft, da, wo es fehlt: Sie hält Gottesdienste, derzeit an der Stadtkirche, macht Besuche in Altenheimen, kümmert sich um Beerdigungen, Taufen, Trauungen, nimmt Sitzungstermine für den Dekan wahr und spricht Grußworte. Ein besonderes Steckenpferd, das sie gerade entwickelt, ist der Treff für junge Frauen: Er ist im Oktober gestartet. „Auf Pfarrer Link sind Frauen zugekommen, die gerne etwas machen wollten“, so Bigl. Sie hat die Gruppe nun aktiviert. Am 30. Januar gibt es ein Wohnzimmerkonzert mit einem Musiker-Duo bei Bigl, Auf der Steig 27. Das Konzert beginnt um 20 Uhr. Das Programm für den Frauentreff stehe auch schon, weitere Themenabende sind geplant, auch ein Moscheebesuch und andere Ausflüge.