Auch der Sanitärbereich wird komplett erneuert. Quelle: Unbekannt

Das Amtsgericht Bad Cannstatt bereitet sich auf die Notariatsreform vor: Deshalb wird das Haus gerade umgebaut und saniert, um Platz für den Einzug der acht Notariate zu schaffen. Es ist ein logistischer und technischer Kraftakt. Amtsgerichtsdirektor Andreas Holzwarth steht vor einer Herkulesaufgabe und ist dennoch zuversichtlich, dass alles gut klappt.

Von Iris Frey

Eine große Herausforderung ist es allemal, denn die Notariatsreform tritt zu einem Stichtag, dem 1. Januar 2018, in Kraft. Erst danach können die neuen Arbeitsbereiche am Amtsgericht zum Stichtag genau begonnen werden. Bis dahin muss alles im Haus vorbereitet sein. Und daran wird schon gearbeitet. Das Amtsgericht wird generalsaniert. „Im März wird feststehen, welche und wie viele Mitarbeiter aus den Notariaten kommen“, sagt Holzwarth. Er muss einen Geschäftsverteilungsplan machen, wie die Mitarbeiter integriert werden. Sie bringen ein neues Aufgabenfeld mit: das Betreuungsrecht und das Nachlassgericht.

Das Amtsgericht Bad Cannstatt ist derzeit mit fünf Zivilrichtern für Betreuungssachen zuständig und dabei auch unter anderem für freiheitsentziehende Maßnahmen und Entmündigungen zuständig, bezogen auf Senioren und psychisch kranke Menschen. Durch die Ansiedelung des Zentrums für seelische Gesundheit 2012 in Bad Cannstatt habe es zunächst einen sprunghaften Anstieg der Verfahren gegeben, so Holzwarth, aber im vergangenen Jahr sei dies nicht der Fall gewesen.

Die Bezirksnotare, die ab 2018 ans Amtsgericht kommen, sind mit der Anordnung und Bestellung der Betreuer und der Abrechnung der Berufsbetreuer befasst. „Die Funktion der Bezirksnotare wird hier eingegliedert“, so Holzwarth. Es werde eine große Umstellung sein, wenn die acht Notariate im Amtsgerichtsbezirk aufgelöst werden. Holzwarth rechnet mit einem Ansteigen der Betreuungsverfahren in den nächsten Jahren. Neben den Notariatsassessoren am Amtsgericht wird es dann ab 2018 auch freie Notare geben. Diese seien für Beurkundungen, Kauf- und Gesellschaftsverträge zuständig.

Das Schwierige in der Umsetzung der Notariatsreform sei die Stichtagsregelung, da die Zuständigkeit erst am Stichtag fällig werde. „Es gibt eine schwierige Übergangsphase“, so der Direktor. So einen Umzug gab es bisher nicht. „Dafür gibt es keine Blaupause.“ So ist geplant, mit einem speziellen Logistik-Unternehmen die Akten aus den Notariaten, die aufgelöst werden, ins Amtsgericht umzuziehen.

Derzeit werden ganze Stockwerke ausgebeint, um Platz für deren Akten zu schaffen. „Es kann durch die Stichtagsregelung zu Reibungsverlusten führen, da es keine parallelen Kompetenzen gibt.“. Die Notariatsmitarbeiter müssen zudem im Amtsgericht mit einem neuen Computerprogramm arbeiten. Jede Akte muss registriert werden. „Ein riesiger Aufwand“, so der Direktor. Doch er will alles dransetzen, dass mit der Logistik, der Technik und dem Personal alles gut klappt. Der Umzug der Akten werde ab Juli/August beginnen. Die Büros für die Notariatsmitarbeiter werden ab Sommer ausgestattet mit der notwendigen Technik und den Möbeln.

Einführung der elektronischen Akte

Außerdem beschäftigt das Amtsgericht die Einführung der E-Akte. Ab 1. Januar 2018 wird der freiwillige elektronische Rechtsverkehr eröffnet. Anwälte können dann ab dem Datum, wenn sie möchten, ihre Post elektronisch einreichen samt Akten. Dafür wird derzeit eine Scan-Stelle eingerichtet mit leistungsfähigem Drucker, Computer und Fachkraft, die dann das elektronische Postfach öffnet, ausdruckt und an die Richter verteilt. Bis das Amtsgericht selbst die elektronische Akte über die entsprechende Software bekommt, werde es Herbst 2018 sein, so Holzwarth. Die E-Akte betrifft zunächst den Zivilsachenbereich. „Ich habe die elektronische Akte schon gesehen, es ist eine gute Sache. Ich sehe dem gelassen entgegen.“

Im Herbst 2018 werden dann auch die Sitzungssäle für die elektronische Akte entsprechend ausgestattet. Der Umbau des Amtsgerichts ist derzeit einen Monat im Verzug. Die Arbeitszimmer und Sitzungssäle werden bis 1. August 2018 fertig inklusive Aktenlager. Geplant ist auch noch, dass das Haus eine Solaranlage, neue Fenster und ein neues Dach bekommt und mittelfristig gesehen auch eine neue Eingangstür.

Derzeit sind zwei neue Zivilsäle der insgesamt sechs Säle in Betrieb. Die Fluchttreppe fehlt noch. Die drei Strafsäle müssen alle noch saniert werden. Dem rund 80 Mitarbeiter zählenden Haus steht seit neuestem ein Defibrillator zur Verfügung. Was das Personal betrifft, so seien alle Richterstellen belegt, es fehlten aber Rechtspfleger. Diese seien wegen der Strukturänderungen der Grundbuchämter ausgelagert. „Wir haben hier nur 80 Prozent besetzt.“