Im Mai beginnen die Abbauarbeiten für den alten Holzsteg, der 1977 für die Bundesgartenschau eingeweiht wurde. Foto: Nagel Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Für das Bahnprojekt Stuttgart 21 muss eine neue Neckarquerung gebaut werden. Rund 35 Millionen Euro kostet die neue Brücke. Da der alte Holzsteg dem Bauwerk im Weg steht, muss er entfernt werden. Der Abbruch beginnt Ende Mai und dauert insgesamt rund zwei Monate. Über dessen Ablauf und den Bau der neuen Brücke informiert die Bahn am 6. April den Bezirksbeirat Bad Cannstatt und die Anwohner fünf Tage später am 11. April.

In wenigen Wochen rückt das Bahnprojekt Stuttgart 21 auch in Bad Cannstatt baulich verstärkt in den Mittelpunkt. Doch ehe mit dem Bau der neuen, rund 345 Meter langen Bahnbrücke begonnen werden kann, muss natürlich der altehrwürdige Holzsteg entfernt werden. Er wurde 1977 für die Bundesgartenschau gebaut und dient seitdem Passanten und Radfahrern als bequeme Möglichkeit, den Fluss zu überqueren. „Doch er kreuzt die neue Brücke und war definitiv nicht zu halten“, sagt Sebastian Heer von der Deutschen Bahn und als Projektleiter für das 35 Millionen Euro teure neue Bauwerk zuständig.

Die notwendigen Baumfällungen und Rodungsarbeiten am Seilerwasen seien bereits bis Ende Februar erledigt worden, momentan gebe es noch einige Vermessungsarbeiten und werden die Infotafeln für Radfahrer und Passanten angebracht. „Nach Rücksprache mit der Stadt können wir den Holzsteg bis Ende Mai offen lassen“, sagt Sebastian Heer. Danach sei Schluss. Radler müssen dann, da der Weg an der Wilhelma vorbei für sie verboten ist, über die König-Karls-Brücke fahren, um in den Rosensteinpark zu gelangen. Fußgänger, die dorthin oder in die Wilhelma wollen, haben mit der Rosensteinbrücke dagegen eine weitere Option. Die Einrichtung der Baustellen auf beiden Seiten des Neckars beginnt ebenfalls im April.

Bevor die Demontage der insgesamt 158 Meter langen und 210 Tonnen schweren Holzbrücke beginnen kann, muss auf der Seite der B 10 die Aufstellfläche für einen rund 60 Meter hohen Kran geschaffen werden. Aus diesem Grund wird dort zunächst nur ein etwa 20 Meter langes Teilstück des Holzstegs entfernt und danach der kleine Hügel abgetragen, damit der riesige Arbeitskran auch sicheren Stand hat. Wenn dann die Brücke etwa in der Mitte getrennt worden ist und auch die Verankerungen mit den Pfeilern gelöst wurden, beginnt der spektakuläre Teil. „Dann erfolgt der erste Teil des Brückenabbaus mit einem Komplettaushub“, erklärt Heer. Dabei werde die tonnenschwere Holzkonstruktion mit dem Kran ans Ufer gehievt, wo sie schließlich endgültig zerkleinert und abtransportiert werden kann.

Auf der anderen Seite wird es etwas komplizierter. Da der zweite Teil des Holzstegs mangels Flächen auf dem Seilerwasen nicht an Land verarbeitet werden könne, werde er auf ein Schiff verladen. Das hat jedoch zur Folge, dass für einen halben Tag kein Schiff fahren kann. „Insgesamt haben wir für den Brückenabbau zwei Monate veranschlagt“ , sagt der Projektleiter. Mit den ersten Baumaßnahmen für die neue Brücke - das sind die Gründungsarbeiten auf Seite der B 10 - könne demzufolge im August begonnen werden. Auf dieser Uferseite ist auch die Hauptbaustelle mit den Stahlbau- und Montagearbeiten. Der Beginn der Gründungen auf der Altstadtseite steht dagegen für den Spätsommer auf der Agenda.

Am 6. April werden sowohl Brückenabbau wie Neubau im Bezirksbeirat Bad Cannstatt präsentiert. Fünf Tage später, am Montag, 11. April, lädt die städtische Bürgerbeauftragte für Stuttgart 21, Alice Kaiser, die Anwohner zu einem Informationsabend in den Kleinen Kursaal ein. Beginn ist um 19 Uhr. Vertreter der DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH werden dann den Fragen der Bürger Rede und Antwort stehen.

Zahlen und Fakten zur Alten und neuen brücke

Holzsteg

Er wurde am 29. April 1977 von OB Manfred Rommel zusammen mit Bundespräsident Walter Scheel zur Eröffnung der Bundesgartenschau eingeweiht. Nur wenige Wochen zuvor war ein Teil der gigantischen Holzkonstruktion im Neckar gelandet. Der Grund: Einer der riesigen Kräne, die für die Montage der Brückenteile am Ufer und auf der Neckar-Mole installiert worden waren, gab unter dem gewaltigen Gewicht von 76 Tonnen nach, der Holzsteg landete im Fluss. Architekt war Dieter Sengler aus Altdorf. Nach dessen Plänen wurde damals für gut 1,9 Millionen Mark die 158 Meter lange, 3,80 Meter breite und 201 Tonnen schwere Brücke gebaut. 400 Kubikmeter Holz wurden verarbeitet. Damals galt der Steg, der 8,70 Meter über dem Flussufer liegt, als neuntlängste überdachte Holzbrücke der Welt.

Stuttgart-21-Brücke

Der Entwurf für die neue Neckarquerung stammt vom Stuttgarter Ingenieurbüro Schlaich, Bergermann und Partner. Aufgehängt an drei Stahlsegeln, die neben ihrer tragenden Funktion auch dem Schallschutz dienen sollen, überspannt die 345 Meter lange Eisenbahnbrücke nicht nur den Fluss, sondern auf Bad Cannstatter Seite zusätzlich die Schönestraße (die Gleise rücken näher an die Häuser heran) und auf der Seite Rosensteinpark die Neckartalstraße. Die größte Höhe der neuen Eisenbahnbrücke beträgt etwa 15 Meter über dem Normalwasserspiegel des Neckars. Auf dem Bauwerk verlaufen zwei zweigleisige Strecken: die der Fernbahn zum neuen Hauptbahnhof und die der S-Bahn zum neuen Hauptbahnhof (tief) über den neuen S-Bahnhof Mittnachtstraße. Da diese Strecken auf der Westseite in separaten Tunneln unterhalb des Rosensteins münden, ist der Brückenüberbau dort mit jeweils etwa 13 Metern Breite zweigeteilt. Im Bereich des gemeinsamen Überbaus der Hauptbrücke beträgt die Breite rund 25 Meter. Die größten Stützweiten betragen 75 Meter im Bereich der beiden Hauptfelder über dem Neckar. Unter der Eisenbahnüberführung entsteht als „untergehängte“ Konstruktion eine neue Fuß- und Radwegverbindung. Die Gesamtkosten liegen insgesamt voraussichtlich bei 35 Millionen Euro.