Von Rainer Kellmayer

Die Evangelische Kirchengemeinde Oberesslingen benötigt die stolze Summe von 100 000 Euro, damit die Renovierung des Gemeindezentrums Ertinger-Haus angepackt werden kann. Zwar spielten verschiedene Spendenaktionen bereits eine erkleckliche Summe ein, doch noch immer klafft eine große Finanzierungslücke. Um das Defizit zu verringern, stellte sich das Klavierduo Souleimanova in den Dienst der guten Sache: Mit einem Benefizkonzert begeisterten die aus Aserbaidschan stammenden Schwestern ihre Zuhörer in der Versöhnungskirche mit einem Programm im Spannungsfeld zwischen Romantik und Moderne.

Mit Esprit und Temperament

Seit frühester Kindheit beschäftigten sich Kamilla und Sabina Souleimanova mit der Musik. An der Musikhochschule ihrer Heimatstadt Baku wurden die Schwestern intensiv gefördert, 1999 nahmen sie das Studium an der Stuttgarter Musikhochschule auf. Dass beide ihr Handwerk beim international bekannten Klavierduo Hans-Peter und Volker Stenzl gründlich gelernt haben, hörte man schon beim Erklingen der ersten Takte von Wolfgang Amadeus Mozarts vierhändiger Klaviersonate F-Dur. Die Düsternis des dunkel-schreitenden Beginns entlud sich in einem spritzigen Allegro mit Esprit und sprühendem Temperament. Artikulatorisch durchgeformt und jenseits falschen Sentiments legte das Duo den Mittelsatz an und zauberte im abschließenden Rondo Lebenslust pur aus dem Flügel: Federnd im Anschlag und mit locker perlenden Tonkaskaden.

Einer mit Leidenschaft, feiner Agogik und vorwärtsdrängendem Drive gespielten Auswahl aus Johannes Brahms’ Ungarischen Tänzen standen die ausdrucksvollen, tragisch gefärbten Töne von Franz Schuberts Fantasie f-Moll gegenüber. Mit der Widmung „Der Comtesse Caroline Esterhazy decidiert“ erschien die Fantasie 1829, kurz nach Schuberts Tod, im Druck. Der Schmerz über die unerwiderte Liebe des Komponisten zur Fürstentochter schimmert durch jeden Ton, auch wenn zuweilen Ländler-Motive anklingen. Die Souleimanovas schafften den Spagat zwischen romantischem Weltschmerz und tänzerischer Attitüde mühelos, verschmolzen die vierteilige Komposition zur spannungsvollen Einheit. Das Duo beherrschte nicht nur die Tastatur mit manueller Souveränität - der Interpretation gab es durch mannigfache Klangfärbung und dynamische Ausformung eine besondere Gefühlstiefe.

Weniger ernst ging es in den „Sketches“ von Valerie Gavrilin zu. Der 1999 verstorbene russische Komponist fand in diesem Werk eine geradezu geniale Symbiose von seriöser Klaviermusik und musikalischen Gags. Schräge Töne und skurrile Wendungen mischten sich in den Klaviersatz, und als der pianistische Parforceritt der Tarantella in einem prasselnden Tongewitter geendet hatte, applaudierte das bestens unterhaltene Publikum begeistert. Doch das Klavierduo Souleimanova setzte noch einen drauf: Mit „Säbeltanz“ und „Verfolgung“ aus Ballettmusiken von Aram Chatschaturjan brannten die beiden Schwestern ein weiteres Feuerwerk der Töne ab - lautstark, temperamentvoll und mit zündender musikalischer Spielfreude.