Von Ingo Weiß

Stuttgart - Welchen Heroen Wolfmother huldigen, ist schnell klar. Black Sabbath springen einen förmlich an. Auch Led Zeppelin. The Doors. Deep Purple. Dennoch sind Wolfmother keine Cover-Band, dafür ist ihr straighter, krachender Rock’n’Roll viel zu sehr eigenständig. Wer auf Hardrock respektive Prog-Rock aus den 60er- und 70er-Jahren steht, der ist im Stuttgarter LKA-Longhorn folgerichtig goldrichtig. Und es sind nicht wenige, die die australischen Vintage-Rocker feiern. Mit gut 1500 Fans, darunter viele Jüngere, ist das LKA annähernd ausverkauft.

Das verwundert nicht. Anfang des Jahres erschien mit „Victorious“ ihr viertes, richtig gutes Album. Mit dem Werk hat sich das Rocktrio aus Sydney rechtzeitig aus dem Sumpf der Beliebigkeit gezogen, in den sie sich mit dem Vorgänger „New Crown“ (2014) hineinmanövriert hatte. Plötzlich erinnern sich viele daran, dass Wolfmother auch live ein Ereignis sind.

Mit dem eingängigen Titeltrack „Victorious“ startet die Band fulminant ins kurze, heftige Set. Auch „Gypsy Caravan“ und „The Love you give“ vom aktuellen Album sind herrliche Rockstücke, die ihre energetische Wirkung trotz eines indifferenten Klangbilds entfalten. Die Songs stehen für die Rückkehr zu großem Stadionsound, für die Rückkehr zu ihren Wurzeln. Diese reichen zurück ins Jahr 2000. Damals gründete Gitarrist Andrew Stockdale (40) die Formation. Wolfmother ist sein Projekt, denn in der Vergangenheit hat er einige Bandkollegen „verschlissen“. Doch jetzt hat er offenbar seine Wunschbesetzung gefunden. Schlagzeuger Alex Carapetis gibt den Berserker, Bassist Ian Peres wechselt wie seinerzeit Doors-Organist Ray Manzarek sehenswert zwischen Gitarre und Synthesizer hin und her, derweil er wie Rumpelstilzchen über die Bühne tobt. Kongenial arbeiten die drei zusammen und zelebrieren eine wilde, erdige und ungezügelte Rockmusik.

Hardrock-Aphrodisiakum

Ihre Show ist schweißtreibend und begeisternd. Kracher wie das marschierende „New Moon Rising“ oder „Woman“ bestechen durch trockene Riffs und psychedelische Orgeltöne. „Woman“, das 2007 einen Grammy gewann, ist vielleicht der beste 70er-Song, der niemals in den 70er-Jahren geschrieben wurde. Das euphorische „Pyramid“ oder „White Feather“ sind gleichfalls ehrlicher Rock, schnörkellos und bombastisch zugleich. Anleihen bei den Großen der Musikgeschichte sind nicht zu überhören. Hier mächtige Gitarrenriffs von den Who oder den Stones, dort Hammond-Sounds von Deep Purple oder Uriah Heep. Stockdale & Co. sind eine Wucht, das Konzert ist ein Hardrock-Aphrodisiakum.

Betörend ist auch Stockdales großartige Stimme. Der Wuschelkopf in T-Shirt und brauner Lederweste changiert mit seiner sägend-nasalen Stimme zwischen Robert Plant (Led Zeppelin), Jim Morrison (The Doors) und Ozzy Osbourne von Black Sabbath. Aber an die Stelle von drückendem Doom-Metal setzt der Australier lieber hervorragende Hooks. Von Zwischenansagen hält Stockdale dagegen nichts. Ungemein wortkarg lässt er nur die Musik sprechen. 80 Minuten lang rocken sich Wolfmother souverän und kraftvoll, rau und dreckig, durch ihr Repertoire, das sich überwiegend aus Songs ihres Debütalbums von 2005 rekrutiert. Aber auch mit Stücken wie „California Queen“ von 2009 beschwören sie die guten Geister der Vergangenheit herauf. Höhepunkte sind das countryeske „Vagabond“ und „Where Eagles have been“, eine fast hymnische Ballade.

Als einzige Zugabe zelebrieren Wolfmother das groovend-erdige „Joker & The Thief“, ihren besten Song überhaupt. Das Lied wurde unter anderem in den Filmen „Shrek 3“ und der Komödie „Hangover“ verwendet und ist der beste Beweis, dass Retro nicht verstaubt klingen muss. Beim nächsten Mal darf die Klangorgie allerdings gerne länger dauern.