Quelle: Unbekannt

Von Rainer Kellmayer

Wenn ein Konzert mit „Hokus Pokus“ überschrieben ist und zudem noch schöpferische Spielereien, Spektakuläres und Wissenswertes angekündigt werden, weckt dies die Neugier: Gespannt machte man sich also auf den Weg zum zweiten Konzert der Forums-Woche des Oratorien-Vereins Esslingen im Bürgersaal des Alten Rathauses. Dort versprach dessen künstlerischer Leiter Jörg Dobmeier einen kuriosen und vielfältigen Abend.

Zauberhaft wurde es in doppelter Hinsicht - zum einen durch die hervorragenden Vorträge junger Instrumentalisten der Städtischen Musikschule Esslingen, zum anderen durch die Moderation Dobmeiers, der die Musikgeschichte aus ungewöhnlichen Blickwinkeln beleuchtete. Die Zuhörer erfuhren, dass die Zahl 14, die Summe der durchnummerierten Buchstaben seines Namens, für Johann Sebastian Bach eine große Rolle spielte. Nicht von ungefähr schrieb dieser für die „Goldberg-Variationen“ 14 Kanons und für die „Kunst der Fuge“ 14 Fugen. Dass der barocke Großmeister auf dem berühmten Bild des Malers Haußman 14 Westenknöpfe trägt, ist jedoch wohl eher dem Zufall zuzuschreiben. Wolfgang Amadeus Mozart liebte die Spielerei. Deshalb verwundert es nicht, dass er mit einem Würfelspiel eine Anleitung für Laien zur Komposition eines Walzers gab.

Im Bürgersaal wurde jedoch nicht gewürfelt, sondern musikalische Bruchstücke wurden aus Hüten gezogen. Das Ergebnis verblüffte: Die zusammengefügten Teile ergaben tatsächlich einen sehr respektabel klingenden Walzer. Ganz andere Klänge erfindet der Musikcomputer „Emily“, der Kompositionselemente verarbeitet, neu kombiniert, und damit interessante Stilkopien von Werken großer Meister liefert.

Live und ganz ohne Elektronik präsentierten sich die Esslinger Musikschüler. In feiner Swing-Manier spielten die Blockflötistinnen Rebecca Maximov, Miriam und Sabeth Wollinger sowie Maia Matiachvili die „Jazzy Fugue“ von Glenn Shannon, eine pfiffige, sehr kurzweilige Petitesse. Feine Saitenspiele steuerte Rosina Aldinger auf ihrer Harfe bei, zunächst mit einem Werk von John Thomas, dann mit dem jazzig angehauchten „Cannelle“ von Bernard Andres.

Technisch sicher spielte sich Denis Makram durch eine Händel-Suite, sein Pianistenkollege Jonathan Panter ließ in Franz Liszts „Gnomenreigen“ den dissonanten Tönen des Beginns wilde, skurrile Phrasen folgen. Zunächst weitausschwingende Melodiebögen, dann ein Feuerwerk der Töne: Stawros Gountoulas zeigte mit zwei Sätzen aus Francis Poulencs Flötensonate, dass er es auf seinem Instrument schon weit gebracht hat. Mit der unkonventionellen Klangsprache einer Sonate für Violine und Klavier bereicherte der bekannte türkische Pianist und Komponist Fazil Say das Programm. Denis Makram (Klavier) und Robert Lokhov (Violine) setzten das vielschichtige Werk adäquat um.

Sphärische Klänge zauberte der Akkordeonist Nepomuk Golding bei einer Sonate von Sofia Gubaidulina in den Bürgersaal - den markigen Gegenpol setze die Pianistin Helen Dörr mit den Marschklängen von Sergei Rachmaninovs Prélude g-Moll. Zum Schluss war Salonmusik Trumpf: In Benjamin Godards „Suite op. 116“ zog die Flötistin Heike Müller zunächst lyrische Melodielinien, um dann im Walzer die Musik mit spielerischer Leichtigkeit zum Leuchten zu bringen.