Hat in Stuttgart eine „große Ernsthaftigkeit des Publikums, sich mit den Dingen zu befassen“, schätzen gelernt: Armin Petras. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Angela Reinhardt

Stuttgart -Ob Fidel Castro das wirklich gut findet, wenn seine kubanischen Landeskinder zum kommerziellsten amerikanischen Pop tanzen statt zu ihrer aufregenden heimischen Salsa? Mit einer Mischung aus klassischem Ballett und Streetdance tourt die kubanische Tanzshow „Ballet Revolución“ seit ein paar Jahren über den Planeten, jetzt gastiert die Truppe samt ihrer tollen Live-Band bis Sonntag im Hegelsaal der Stuttgarter Liederhalle - und sie entpuppt sich dabei als nicht ganz so revolutionär wie ihr reißerischer Titel.

Lange, glorreiche Ballett-Tradition

Kuba hat eine lange, glorreiche Ballett-Tradition, die seit den 1960er-Jahren vom großen kommunistischen Bruder in der Sowjetunion natürlich noch gefördert wurde. Das Nationalballett ist berühmt, große internationale Tanzstars wie etwa Carlos Acosta stammen von hier. Die klassischen Tänzer von der Insel sind schnell, hochvirtuos und haben ein spezielles Feuer, eine sehr direkte Spontaneität.

Genau diese Spannung aber fehlte beim Auftakt des Stuttgarter Gastspiels doch manchmal - vielleicht machen so viele Tourtermine einfach müde, vielleicht sind es auch die langweiligen Choreografien. Denn was der Australier Aaron Cash und der Kubaner Roclan Gonzalez Chavez entworfen haben, ist keine wirkliche Fusion aus Ballett und Street Dance, sondern eher ein Nebeneinander. Immer wieder werfen die Balletttänzer des Ensembles ihre virtuosen Tricks ein (und es sind, bei aller Liebe, nicht die besten Absolventen der Kubanischen Ballettschule), dazwischen gibt es einen etwas verwaschenen Showtanz, der in den verschiedensten Richtungen getönt ist: Mambo, Tango, Broadway-Jazztanz, Ballroom, selbst ein wenig Bollywood ist drin.

Brillante Band

Aber die Stile weichen sich eher auf, als dass sie sich gegenseitig befruchten, irgendwann sieht alles ziemlich gleich aus. Um die klaren akademischen Formen des klassischen Balletts auf Popmusik passend zu machen, um sie mit der sinnlichen Geschmeidigkeit des Jazztanz oder der Abgebrühtheit des Street Dance zu fusionieren, braucht man genialere Choreografen als diese Show sie hat.

Fetzig wird es meistens dann, wenn die Breakdance-Spezialisten im 16-köpfigen Ensemble zuschlagen und ein paar ihrer Moves hinzwirbeln oder wenn manchmal Gelegenheit zu Improvisation besteht, denn dann schwenken die Kubaner endlich ihre Hüften. Jorge Gonzalez, der Stiletto-Mann aus Heidi Klums Fernseh-Modelshow, hat die vielen schicken Kostüme entworfen, die fünfköpfige Band mit ihren zwei Sängern klingt brillant - obwohl sie wenig Kubanisches und dafür viel aus den Pop-Charts spielt: Rihanna, Beyoncé, Hozier oder auch mal Sting und Prince. Warum nicht wenigstens lateinamerikanischen Pop, warum nicht Shakira, Enrique Iglesias, Marc Anthony oder mehr von Ricky Martin? Oder gar echte kubanische Musik? So bleibt die Tanzshow„Ballet Revolución“ ein nettes Entertainment mit Kubanern, aber ohne spezifisches Kuba-Flair.

Weitere „Ballet Revolución“-Vorstellungen finden noch bis zum 7. Februar täglich im Hegelsaal der Stuttgarter Liederhalle statt, am Samstag und Sonntag jeweils zweimal. Tickets über www.ballet-revolucion.de