Von Björn Springorum

Ludwigsburg - Es hört so auf, wie es oft begonnen hat. Mit „On ira“, dieser verzweifelt sehnenden Nummer mit den prägnanten Chören, eröffnete Zaz lange ihre Konzerte. In Ludwigsburg markiert sie den Schlusspunkt eines etwa 90-minütigen Konzerts, das Frankreichs erfolgreichste Musikerin so ganz anders präsentiert als noch vor zwei Jahren bei den Jazzopen auf dem Stuttgarter Schlossplatz. Herausragend war sie bei beiden, im Innenhof des barocken Schlosstraums in der Ludwigsburger Innenstadt scheint sie jedoch deutlich mehr in ihrem Element. Sie präsentiert sich so, wie man sie in Frankreich kennt: Als quirliges, keckes Energiebündel, das unter „Nouvelle Chanson“ nicht etwa das sture Herunterbeten immer gleicher Edith-Piaf-Klischees versteht. Schon ihr düsteres Trip-Hop-Intro macht klar, dass ihr Nouvelle Chanson eben alles sein kann: tatsächlicher Chanson, Pop, Rock, Elektro oder Folk. Je nach Lust, je nach Laune, je nach Anlass.

Der große „Start“-Button, der auf der großen Videoleinwand aufflackert, pulsiert ahnungsvoll, das Intro steigert sich, Zaz stürmt auf dem Bühne, drückt sprichwörtlich auf „Play“. Und lässt den frankophil-eklektischen Reigen beginnen. Da war es beinahe halb zehn, für einen Sonntagabend reichlich spät. Vielleicht hätte man den doch recht belanglos vor sich hinklimpernden Radio Doria nicht ganze 60 Minuten überlassen müssen. Der Stimmung scheint es keinen Abbruch zu tun. Gut gefüllt ist der Innenhof, begeistert wird das früh im Programm platzierte „Comme ci, comme ça“ goutiert. Zudem laufen auf der Leinwand hinter ihr Lyrics dazu ab. Die Verständigung ist ja eh immer so eine Sache bei Zaz. Wie viele ihrer Landsleute spricht sie ausschließlich französisch, lässt diesmal aber zumindest ihr Wohltätigkeitsprojekt von einem Hiesigen auf Deutsch erklären, schnattert sonst munter und wie aus der Pistole geschossen auf französisch vor sich hin. Ob man sie nun versteht oder - deutlich wahrscheinlicher - eben nicht.

Gesanglich in Hochform

Zaz macht, was sie will. Das zeigt sich auch in der stilistischen Ausprägung. Hierzulande ist sie aber eben meist wegen ihrer mehr oder weniger klassischen Chansons geliebt und beliebt. Und zugegeben: „Paris sera toujours Paris“, „Sur le ciel de Paris“ oder „La parisienne“ sind einfach etwas Besonderes, entfalten durch die ausgezeichnet aufgelegte siebenköpfige Begleitband ihren eigenen Zauber. Gitarre, Akkordeon, Trompete und Kontrabass und Percussion verschmelzen wie von selbst zu einer Pariser Straßenszene. Allein, es ist ein verdammtes Klischee, dem sich Zaz bei aller Liebe zu dieser Musik und ihren Protagonisten nicht hingeben will. Gesanglich in Hochform, klettert ihre Stimme bis in die höchsten Höhen, wo sie den Ausblick genießt, kriecht aber auch in die tiefste Kanalisation unter den Pariser Straßen herab, wo sie ihr gebrochenes Herz beweint und am Ende ihrer Kräfte scheint.

Die Überraschung: „Je veux“, ihr mit Abstand größter Hit, kommt bereits ein gutes Stück vor dem Zugabenblock. Und entfesselt das Ludwigsburger Publikum genau so wie man es erwartet. Sechs Jahre ist es her, dass sie hierzulande mit dieser Nummer durch die Decke ging. Sechs Jahre, die aus Zaz einen Superstar mit unberechenbarer Note gemacht haben. Wer ein klassisches Chanson-Programm erwartet hat, wurde deswegen vielleicht enttäuscht. Es waren dies aber lediglich falsche Erwartungen an eine Künstlerin, die wohltuend anders ist als viele Kolleginnen.