Von Udo Klinner

War das Durchatmen zu kurz oder war vielleicht ein gewisser Sättigungsgrad erreicht? Nur wenige Tage nach dem eindrucksvollen Esslinger Jazzfestival war der Jazzkeller in der Webergasse zur Eröffnung der neuen Saison ungewohnt schwach besucht. Dabei hatten die Veranstalter renommierte Gäste engagiert. Der Pianist Elmar Braß, Martin Gjakonovski am Kontrabass und der Tenorsaxofonist Tony Lakatos waren nicht zum ersten Mal zu Gast. Der versierte Schlagzeuger Christian Schoenefeldt vervollständigte das Ensemble.

Traditionsbewusst und eigenständig

Souverän ging die Band sofort in die Offensive. McCoy Tyners „Blues on the corner”, in geballter Wucht intoniert, versetzte das Publikum augenblicklich in erwartungsvolle Stimmung. Die Vorliebe von Elmar Braß, Kompositionen von Vorbildern seines geliebten Instruments zu bevorzugen, zog sich wie ein roter Faden durch das Programm. Über Hank Mobley („This I did for You“) und Kenny Barron („Voyage“) bis hin zu einem rhythmisch-lateinamerikanisch diktierten „Bolivia“ von Cedar Walton erwies er diesen Größen seine Referenz. Dabei wurden deren zum Teil recht unterschiedliche Spielweisen keineswegs kopiert - Braß versteht es meisterhaft, seine ureigene Handschrift einzubringen. Dass dies so routiniert und erfrischend gelang, war nicht zuletzt der kongenialen Zusammenarbeit mit dem überzeugenden Martin Gjakonowski am Kontrabass, Drummer Christian Schoenefeldt und dem herausragenden Gastsolisten der HR-Bigband, Tony Lakatos, zu verdanken.

Lakatos löst ohnehin nie den melodischen Anker, bringt die Themen fein ziseliert ein und weiß auch in seinen Improvisationen diese Linie beizubehalten. Auch er kann seine Entwicklung eines modernen Tenoristen aus der Coltrane-Schule nicht verleugnen. Er will das auch gar nicht und verzaubert sein Publikum mit einem wunderbaren Sound. Ob in exzessiven Up-tempo-Beiträgen wie „Fried Bananas“ von Dexter Gordon oder in seinen wenigen Balladen („Close Your eyes“) - es ist Jazz in klassischer, unverfälschter Form ohne Wenn und Aber. Und siehe da: Eine ohrwurmverdächtige, marschierende Eigenkomposition „The big Hang“ von Elmar Braß fand passend Einzug in ein Repertoire ausgesuchter Titel eines musikalisch höchst befriedigenden Konzerts. Der Abend schloss mit einer auf den Harmonien von „The man I love“ aufgebauten Zugabe und hätte mehr Zuspruch verdient gehabt. Die treuen Fans dankten begeistert und waren noch lange in fachkundige Gespräche mit den Musikern vertieft.