Von Angela Reinhardt

Esslingen - Achtung, Koteletten-Alarm: in der Esslinger Landesbühne ist das Elvis-Fieber ausgebrochen. Von ihrem Untertitel „szenisch-musikalischer Abend“ erfüllt die Aufführung immerhin letztere Eigenschaft so perfekt, dass sich die Anwesenden zahlreiche Zugaben erklatschten. Die Gefahr der Kopflastigkeit besteht allerdings nicht, denn „Elvis - Life and Love, Fame and Fortune“ ist kaum mehr als ein Tribute-Konzert mit einem unglaublich guten Elvis-Imitator und einer fetzigen Band. Wer etwas Biografisches über den King und das Verhältnis zu seinen Manager erfahren will, sollte doch tunlichst zu einem Buch greifen oder einfach mal eine Runde googeln. Denn was Antonio Lallo, der für Skript und szenische Einrichtung verantwortlich zeichnet, da in wenigen kleinen Spielszenen zwischen den langen Konzertblöcken verstreut, strotzt nur so vor Klischees und kommt einfach nicht in Fahrt.

Obwohl die Szenen kurz sind, erfährt man darin deutlich mehr über Presleys Manager, gespielt von Lallo selbst, als über den Sänger. Tom Parker wird hier als geldgieriger, eiskalter Fiesling geschildert, der den armen Elvis schikaniert und erpresst. Das mag wohl so gewesen sein oder auch nicht, immerhin hat Parker seinem Star jede Menge Reichtum gebracht und Elvis blieb ihm bis zu seinem frühen Tod treu. Aber es hätte wohl nicht sein müssen, den King deswegen zu einem armen Würstchen zu machen, das ganz offensichtlich nichts zu sagen hatte. Gar höflich bettelt da der bereits heftig umschwärmte Sänger am Telefon, er würde doch so gerne andere, anspruchsvollere Filme drehen. Sobald er aber auf der Bühne auftritt, projiziert er ein cooles, ironisches Bild von sich selbst, wo soll diese selbstbewusste Persönlichkeit denn so plötzlich herkommen? Presley fasziniert hier einzig als Bühnentier, privat kommt er hier geradezu dümmlich über die Rampe.

Michael Gaedt, Ex-Frontmann der „Kleinen Tierschau“, ist als Tourmanager dabei und hat deutlich mehr Schals zum Schweißabtupfen für den King dabei als er ihm Stichworte gibt (was dem Ganzen nicht zum Nachteil gereichen muss). Im Telegrammstil hakt der Abend die wichtigsten Stationen ab: Hochzeit, Baby, Selbstmordgedanken, Scheidung, Pillen, schon ist er tot. Nur um postwendend im himmelblauen Outfit wieder auf die Bühne zu kommen. Was der Tübinger Heiner Kondschak in seinen Tribute-Abenden über Bob Dylan oder Rio Reiser so gut gelang, diese allwissende, liebevolle Distanz zum Objekt der Zuneigung, das Spiel mit den Details, die schlaue Interaktion von Songs und Lebensgeschichte: Darüber hat dieser Abend nie nachgedacht. „Elvis muss funktionieren“, sagt der Manager einmal: hier einzig als Kopie.

Für den heißen Groove des Konzerts sorgt die Band „Roll Agents - The Elvis Xperience“ mit ihren sieben Musikern und zwei wunderbaren Chorus Girls. Das Zentrum des Abends ist Nils Strassburg, der rein optisch dem Elvis der 70er ähnelt und in der Tat den perfekten Hüftschwung drauf hat. Verblüffend der täuschend echte Schmelz in der Stimme, genial auch die leicht genuschelten Konzert-Ansagen. Der Abend wurde übrigens von zahlreichen Zuschauern hemmungslos gefilmt - liebe Leute, liegt der Gedanke wirklich so fern, dass die Menschen hinter Euch von den beleuchteten Displays gestört werden könnten? Und liebe Landesbühne: Wenn Ihr hier nicht einschreitet, darf man das in anderen Theaterstücken dann auch?

Weitere Termine: 28.12. und 4.2.

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