Eine Leiche im Fenster stört die Kuschelparty von Winfried Klatschmann (links) und seiner Geliebten Jenny Zondler nachhaltig. Foto: Eberle Quelle: Unbekannt

Von Elke Eberle

So richtig gut läuft der Abend nur für den Zimmerkellner. Denn der ist in Sachen Weggucken sowie Notlösung sehr erfinderisch und kassiert dafür reichlich Trinkgeld. „Außer Kontrolle“ ist eine ausgesprochen turbulente Komödie mit fast unendlich vielen Irrungen und Wirrungen. Das Theater unter den Kuppeln inszenierte unter der Regie von Semjon E. Dolmetsch und Irina Kunzi das Stück um die Frage „wer mit wem und warum“ rasant, mit viel Gespür für Pointen im richtigen Moment und mit erfrischendem Humor.

Was passiert, wenn britischer Humor auf schwäbische Gründlichkeit trifft? Pointe jagt Pointe und eine kompromittierende Situation die andere. Alles hätte so gut sein können für den glücklich verheirateten Landesminister Klatschmann. Er hat das perfekte Alibi, eine feine Suite im ersten Hotel am Platz, und seine Geliebte Jenny ist jung sowie sexy und wartet schon im Schlafzimmer. Eine Leiche, eingeklemmt im Fenster, stört dann die Kuschelparty doch reichlich und nachhaltig. Die Polizei rufen und die Wahrheit sagen? Das kommt für den Politiker in der Klemme nicht in Frage. Wie hätte er das alles seinem Chef, seinen Wählern und auch seiner Frau plausibel erklären sollen.

Sein Sekretär muss her, der Mann für alle Fälle. James Bond Joschua Fleischer, unterwegs in Turnschuhen, soll die Sache richten. Und wie im richtigen Leben haben Lügen kurze Beine und einer Lüge folgen 100 andere - in diesem Fall skurril und verquer und sehr komisch. Die brennendste Frage lautet: Wohin mit der Leiche? So hängt sie mal im Schrank, mal soll sie über die Feuertreppe in die Nachbarsuite transportiert werden, mal ist sie der trunkene Bruder des einen, mal der verrückte Bruder des anderen, mal spielen alle in einem wilden Totentanz verrückt, mal sitzt die Leiche bequem im Rollstuhl, bereit zur Entsorgung auf dem Killesberg. Seine Not macht den Landesminister sehr erfinderisch.

Und manchmal hat der Zuschauer etwas Mühe, allen Lügen zu folgen. Spätestens als seine Ehefrau Elfriede auch noch im Negligé lüstern durch die Zimmer tanzt, weiß eigentlich keiner mehr so ganz genau, wo oben und unten ist. Aber irgendwie passt dann alles doch immer wieder zum anderen.

Das Stück wird bis Ende März an fast jedem Samstag gespielt, es stehen 16 Vorstellungen an, und deshalb ist jede Rolle auch doppelt besetzt. In der Premiere am Samstag überzeugte jeder für sich, und alle zusammen waren ein perfekt harmonierendes Ensemble. Jörn Reusch mimte den schwitzend Strippen statt Strapsen ziehenden Winfried Klatschmann, Karin Funk agierte als zunehmend derangierte Hoteldirektorin, Masa Mehakovic´ als potenzielle Geliebte Jenny, Steffen Kocher als Leiche und wiederauferstehender Detektiv Gerhard Krüger, Alex Schiller als gewitzter Wolf im Schafspelz (Zimmerkellner). Den zunehmend verzweifelnden Sekretär für alle Fälle spielte Alex Koch, Chris Walter war Jennys abwechselnd wütender und weinender, halbstarker Ehemann Ronnie, die mal lüsterne, mal nüchterne Ehefrau des Landesministers verkörperte Evelin Brenner, und Mo Schleicher entdeckte als Schwester Geesche immer mit einem passenden schwäbischen Spruch auf den Lippen das Leben neu und die Liebe erstmals.

Der Schwank stammt aus der Feder des englischen Dramatikers Ray Cooney, ins Deutsche übersetzt wurde er von Nick Walsh. Geschickt passte Regisseur Dolmetsch die Komödie an baden-württembergische Verhältnisse an, wobei mögliche und unmögliche Ähnlichkeiten mit lebenden Personen natürlich ungewollt, rein oberflächlich und sowieso zufällig sind.

Sehr viel Szenenkomik, amüsante schwäbische Sprüche und ein unvermuteter Schluss würzten den Abend. Und eines ist sicher: So schnell sucht der Landesminister kein Abenteuer mehr.

Infos und Karten unter www.tudk.de