Andreia Rodrigues und Giancarlo d’Antonio als schlaffe Wesen. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Angela Reinhardt

Stuttgart - Wer wird denn den Kopf hängen lassen? - Ja, solche platten Sprüche fallen einem beim Tanztheater „Headless“ ein, der zweiten Kooperation von Choreografin Nicki Liszta mit dem Team des Theaters Rampe am Stuttgarter Marienplatz. Denn die zwei schlaffen Wesen auf der Bühne kriegen einfach den Hals nicht gerade - lose baumeln ihre Köpfe auf der Brust herum und kippen nach hinten weg. Sie grinsen uns schräg von unten an, klatschen sich nutzlose Ohrfeigen ins Gesicht und brechen energielos immer wieder in sich zusammen. Ihr erstes Hilfsmittel sind „Kopfkrücken“, zwei Stangen mit einem Lederkisselchen, auf das sie ihre bleischweren Häupter stützen, damit der ganze Mensch halbwegs in der Senkrechte bleibt.

Später halten sie sich gegenseitig, packen einen gesamten Körper auf den anderen drauf, gehen knapp über dem Boden in gefährliche Waage-Balancen - und landen irgendwann wirklich mit dem Kopf voraus auf dem Boden. Manchmal ähnelt das Paar bei alledem kaputten mechanischen Puppen: Die Körper bewegen sich, aber der Kopf ist zu schwer. Das 70-minütige Stück thematisiert die Kopflosigkeit, oder besser die Rückgratlosigkeit, denn eigentlich ist es der Hals, an dem es hakt.

Plötzlicher Ernst bleibt aus

Die Choreografin findet erstaunlich viele Bilder, um kopflose Menschen darzustellen, ein krabbenartiges Wesen mit vier Beinen etwa, das sich gesichtslos über die Bühne schiebt. Bis irgendwann plötzlich der Mann mit einem lauten, über Lautsprecher eingespielten Knochenkrachen seinen Kopf zurechtzementiert - und uns plötzlich normal anschaut. Es ist der beste Moment des Abends, wenn aus dem Knochenkrachen ganz allmählich Musik wird, wenn Komponist Heiko Giering, der bis dahin einen hinterlistig schunkelnden Volkstanz-Jazz beigesteuert hatte, dem schlimmen Geräusch endlich einen sachten Rhythmus einhaucht. Und trotzdem will der Kopf der Frau nicht oben bleiben, obwohl ihr Partner sie fast brutal daran herumschleudert. Die Stimmung bleibt durchweg eher heiter, dieser plötzliche Ernst, der sich als knallharte Brutalität in Nicki Lisztas anderen Stücken irgendwann Bahn brach, er entsteht hier nicht.

Auch dann nicht, als ihre Tänzer Andreia Rodrigues und Giancarlo d’Antonio schließlich mit den Motorradhelmen so frontal gegen die Bühnenwand knallen, dass die Stiftung Warentest ihre helle Freude dran hätte. Zum Schluss singen sie uns dann vor, dass wir unseren Kopf oben halten sollen: Doch reicht das wirklich als Widerstand in der heutigen Zeit? Alle Zuschauer proben es am Schluss noch gemeinsam, und aus ist dieser etwas belanglose Abend voll wörtlich vertanzter Metaphern.

Weitere Aufführungstermine: 25. Februar, 10. bis 13. Mai. Karten unter Tel. 0711-620 09 09 15 oder www.theaterrampe.de.