Begeisterten Applaus erspielten sich die Jazzmusiker vom Jesse Davis-Quartett zum Auftakt der Konzertreihe 2017 im Jazzkeller. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Udo Klinner

Wenn es draußen bitter kalt ist, sind heiße Töne nicht das schlechteste Mittel, die Temperaturen auszugleichen. Dies ist dem Jesse Davis-Quartett zum Auftakt der diesjährigen Konzertserie des Jazzkeller in überzeugender Art und Weise gelungen. Der 51-jährige amerikanische Altsaxofonist stellte mit Paul Kirby (Piano) aus Großbritannien, dem Deutschen Martin Zenker am Kontrabass und dem blutjungen Drummer Minchan Kim aus Südkorea ein wahrlich polyglottes Ensemble vor. Stets stellt man sich dabei die Frage: Funktioniert dies bei so unterschiedlicher kultureller Herkunft einerseits und permanent wechselnden personellen Verpflichtungen andererseits? Die Antwort lautet: Meistens, denn erstklassige Ausbildung und die lustvolle Bereitschaft auch bei geringfügigen Fehlgriffen, diese im Kollektiv geschickt einzubinden, machen nicht zuletzt den Reiz des Genres aus.

Wunderbarer Klang

Jesse Davis, eine musikalische Kreuzung von Cannonball Adderley und Phil Woods verkörpert nahezu identisch deren Auffassung zu den modernen Stilrichtungen des Bop und überrascht auch mit deren unverkennbarem charakteristischen Sound. Ob in up-tempo oder dazwischen in der mit viel Vibrato untermalten Ballade „I’m Glad There Is You“ von Jimmy Dorsey - der Mann mit dem silberfarbenen Horn verzaubert durch (s)einen wunderbaren Klang.

Zwischen gelungenen Eigenkompositionen („Beyond The Storm“) und den frei improvisierten Zwischenspielen bieten qualifizierte Musiker eben die gesamte Bandbreite dessen ab, was ihre atmosphärisch dichte Darbietung ausmacht. Es bewegt sich damit sowohl in disziplinierter Teamarbeit als auch in freien musikalischen Assoziationen.

Außergewöhnlich viel Spielraum

Dazu bietet Davis seinen Partnern außergewöhnlich viel Spielraum. Und der Schotte Paul Kirby am Flügel beweist hierbei geradezu grenzüberschreitende Eigenschaften. Wenn er in Tadd Damerons „On A Misty Night“ intoniert, glaubt man die typische Spielweise eines der Wegbereiter des frühen Bebop heraus zu hören. Gleiches gilt für beziehungsweise bei Thelonious Monk. Kirby kopiert ihn nicht, nein, er spielt dessen Klassiker „Well, You Needn’t“ so wunderbar glaubhaft, dass der Titel zu einem Höhepunkt des Abends wird. Auch Martin Zenker am Kontrabass bekommt ausreichend Gelegenheit, sich solistisch zu profilieren, und versteht es meisterhaft, am Ende seines Vortrages vehement swingend das Quartett wieder zu einen. Bleibt noch Minchan Kim, ein Schlagzeuger aus Korea. Rhythmisch natürlich jederzeit im Fluss, fällt bei ihm die bevorzugte Arbeit mit den Trommeln, das heißt weniger mit den Becken auf. Mit asiatisch kontrolliertem Gesichtsausdruck wird so allerdings ein fast mechanisch wirkender Effekt erzielt, der durchaus mehr farbige, subtilere Akzente vertragen hätte.

Im Jahre Eins nach dem Abschied von Hausherr Eugen Hutter gelang ein tröstliches und insgesamt überraschend anspruchsvolles Konzert, und ein wieder gut besuchter Keller honorierte den Auftritt mit begeistertem Applaus.

Weitere Informationen zum Jazzkeller und zur diesjährigen Konzertserie sind unter www.jazzkeller-esslingen.de abrufbar.