Von Rainer Kellmayer

Stuttgart - Heute gilt Johann Sebastian Bach als Leuchtturm unter den Barock-Komponisten. Zu Lebzeiten genoss er jedoch nicht die uneingeschränkte Anerkennung des Publikums: Zu schwer verständlich war für viele Zeitgenossen seine Musik, zu wenig entsprach sie der Erwartung jener Zeit nach Gefälligkeit und Unterhaltungswert. Doch Bach suchte in all seinen Lebensstationen den intensiven Kontakt zu anderen Kantoren, Kapellmeistern, Sängern und Instrumentalisten. Man tauschte Erfahrungen und Musikalien aus, und natürlich musizierte man auch gemeinsam. Besonders intensiv war die Beziehung zu Georg Philipp Telemann, der Pate des Bach-Sohnes Carl Philipp Emanuel wurde. Folgerichtig eröffnete das Freiburger Barockorchester sein mit „Bach und Kollegen“ überschriebenes Konzert im Mozartsaal der Stuttgarter Liederhalle mit Ouverture und Conclusio aus Telemanns Tafelmusik III.

Musik als Rede

Schon bei der getragenen Einleitung wurde deutlich, dass die Freiburger eine besondere Klangkultur pflegen, sich das Prinzip „Musik als Rede“ auf die Fahnen geschrieben haben. Jeglicher Ballast wurde aus dem Streicherklang genommen, dem Spiel eine luftige Attitüde gegeben. Herrliche Farbwechsel entwickelten sich mit dem zentral vor dem Cembalo platzierten Bläsertrio aus zwei Oboen und Fagott, und die Tempi wurden stringent nach vorne getrieben. Zu Beginn der Sätze gab es zwar die eine oder andere Sekunde des sich Findens, doch dann lief die Musik wie ein gut geschmiertes Uhrwerk - technisch souverän, geschmackvoll artikuliert und intonatorisch auf sicherer Spur.

Johann Friedrich Faschs Concerto d-Moll spricht den Hörer mit seinem unterhaltenden Duktus an, ist von verspielten Figurationen in den Ecksätzen und einfühlsamer Melodik im Largo bestimmt. Im Dialog mit Konzertmeisterin Petra Müllejans setzte die Oboistin Susanne Regel besondere bläserische Akzente. Keck perlten die virtuosen Läufe, delikat wurden die spannungsvollen Melodielinien des langsamen Satzes gezogen. Das Orchester sekundierte unauffällig, legte den Solistinnen ein sicheres harmonisches Fundament und setzte Tutti- und Solopassagen klar konturiert gegeneinander ab.

In den im Jahre 1739 veröffentlichten sieben Cembalokonzerten emanzipierte Johann Sebastian Bach das Instrument erstmals aus der reinen Continuo-Begleitrolle, machte es zum selbstständigen Soloinstrument. Diese Concerti sind jedoch keine Neuschöpfungen, sondern Bearbeitungen früherer Konzerte für andere Instrumente. Der Qualität tat es keinen Abbruch, zumal wenn ein Experte für Alte Musik wie Andreas Staier an den Tasten sitzt. Staier pflegte ein sehr klares, durchsichtiges Spiel, das von technischer Perfektion getragen wurde.

Das Concerto f-Moll BWV 1056 war geprägt von feinen Pizzicato-Effekten, im g-Moll-Concerto BWV 1058 hörte man geschmackvolle Verzierungen und im Concerto A-Dur BWV 1055 ließ eine hingetupfte Streicherbegleitung die zarten Cembalotöne transparent durchschimmern.

Gefällig, ohne besonderen Tiefgang

Zuvor war mit Jan Dismas Zelenkas „Hipocondrie á 7 Concertanti A-Dur“ ein gefälliges Stück ohne besonderen musikalischen Tiefgang erklungen. Das Werk lebt von einigen hübschen melodischen Einfällen und überraschenden harmonischen Wendungen. Mit chorisch besetzten Streichern und sauberen Bläsereinsätzen machte das Freiburger Barockorchester das Beste daraus. Nach langsamer Einleitung wurde das fugierte Allegro rasant absolviert, Streicher und Bläser spielten sich die musikalischen Bälle gekonnt zu, dann läutete ein kurzes Lentement mit schwermütigen Harmonien das überraschende Finale ein.