Von Alexander Maier

Es ist nicht leicht, die musikalische Handschrift von Loisach Marci zu beschreiben. Viele haben sich in letzter Zeit daran versucht, nur wenigen ist es wirklich gelungen, weil sich die Musiker Marcel Engler und Jens-Peter Abele, die hinter diesem Duo stehen, in keines der gängigen Schublädchen stecken lassen. „Wir erfinden uns im Grunde jeden Tag neu“, verraten die beiden. Und das ist vielleicht ihr wichtigstes Erfolgsgeheimnis. Ihre Klangkreationen sind ganz anders als das, was der musikalische Mainstream heute bietet - und womit er viele oft genug auch langweilt. Was die beiden machen, wirkt auf Anhieb überraschend, verfehlt jedoch nicht seine Wirkung, weil man spürt, dass sie konsequent ihren eigenen Weg gehen. Ihr Kompass sind Herz, Seele und die Überzeugung, dass sich Erfolg nicht planen lässt, weil das Publikum ein feines Gespür für das Authentische hat. Morgen, Donnerstag, gastiert Loisach Marci ab 20 Uhr bei den Galgenstricken.

Mit Neugier ins große Abenteuer

Ob beim Bardentreffen in Nürnberg oder beim Festival „Carven, Ziachn & Zithern“ im Salzburger Salachtal, ob im WDR, auf RTL oder im Bayerischen Fernsehen - Loisach Marci ist so richtig durchgestartet. Von einem Projekt will Marcel Engler nicht sprechen: „Das klingt viel zu sehr nach Planung und Kalkül, und das passt nicht zu uns. Für uns ist das ein Abenteuer, auf das wir uns mit großer Neugier einlassen. Wir sind selbst gespannt, wohin die Reise geht.“ Weil beide längst ihre Meriten in der Musikszene verdient haben, müssen sie keinem mehr etwas beweisen. Gemeinsam können sie sich der Musik hingeben, die sie schon immer machen wollten. „Wir hatten uns schon länger auf dem Schirm, aber nie zusammen gespielt“, erzählt Abele. Als für eine Aufnahme in seinem Tonstudio in Unterensingen ein versierter Trompeter gebraucht wurde, kam der Denkendorfer Marcel Engler ins Spiel. Kaum war die Aufnahme im Kasten, da setzten sie sich zusammen hin und machten ihre Musik. „Wir hatten anfangs kein Konzept und haben einfach losgelegt“, erinnert sich Abele. „Aber wir haben sofort gespürt, dass das perfekt passt.“ Und weil es nie zu spät ist, etwas völlig Neues zu beginnen, wurde Loisach Marci geboren. Nicht ganz zufällig trägt das erste Album nun den Titel „Nie z’spat“.

Die Mischung macht’s: Hier der versierte Gitarrist Jens-Peter Abele und dort Marcel Engler, ein Jazztrompeter mit Faible für elektronische Klänge, der viele Instrumente beherrscht, darunter auch das Alphorn. „Sound, Liebe, Kraft, Natur“ - das sind die Ingredienzien, aus denen Loisach Marci einen ganz eigenen Sound kreiert. Oder, um es mit den zwei Musikern zu sagen: „Naturklang berstet auf elektronische Landschaften und wird zur einzigartigen Soundskulptur.“ So schaffen die beiden einen Klangraum, der das alpine Lebensgefühl beschreibt.

Wer Loisach Marci noch nie gehört hat, könnte an Heimattümelei und Volksmusik-Pop denken, doch davon sind die zwei Musiker meilenweit entfernt. Marcel Engler ist gebürtiger Bayer, hat seine jungen Jahre in Garmisch verbracht und dort „eine supergute Kindheit gehabt“. Und auch wenn es ihn später in die Stuttgarter Gegend verschlug, haben die Garmischer Landschaft und die Menschen dort ihre Spuren hinterlassen. Dass man ihn stets mit Trachtenhut, Janker und Krachlederner erlebt, ist keine Effekthascherei, sondern Ausdruck seines Lebensgefühls: „Die Region, in der ich groß geworden bin, prägt die Haltung und die Herzen der Menschen“, sagt Marcel Engler. „Wer die Berge nicht nur als eine sentimentale Postkartenkulisse sieht, sondern auf sich wirken lässt, der spürt, was wir mit unserer Musik sagen wollen.“

Es ist das Ungekünstelte, das diese beiden Freigeister auszeichnet. Genau so selbstverständlich, wie der eine Tracht trägt, trägt der andere seine Lederjacke, weil sie sich nicht verbiegen lassen - in ihren Texten, die Ausdruck einer unverstellten Weltsicht sind, so wenig wie in ihrer Musik. Die beiden mixen ganz unterschiedliche musikalische Elemente zu einem stimmigen Sound. Alphorn und Trompete, Gitarre und Elektro-Klänge werden mit Ton-Schnipseln aus Englers alpinem Ideenspeicher kombiniert. Und plötzlich rauscht der Wasserfall, erklingt das Glockenspiel vom Münchner Marienplatz oder eine Kuhglocke. Und weil solche Effekte nicht nur folkloristisches Beiwerk sind, sondern Teil eines großen Ganzen, wundert sich keiner im Publikum über diesen ebenso komplexen wie originellen Klangteppich, den Loisach Marci ausrollt. Offenbar treffen Abele und Engler damit genau den Nerv einer stetig wachsenden Fan-Gemeinde, die ein feines Gespür für eine Musik hat, die ganz selbstverständlich aus sich selbst heraus entsteht und immer wieder neue Wege geht, weil die beiden Musiker keine ausgetretenen Pfade mögen. Dass jeder Auftritt ein gewisses Wagnis birgt, ist ihnen klar: „Wir probieren jedes Mal irgendetwas aus, das nicht nur das Publikum, sondern auch uns selbst überrascht“, verrät Engler. „Irgendwann werden wir dafür bestimmt mal eine Watsch’n kriegen.“ Doch das wird bewusst einkalkuliert, weil es im Musikgeschäft inzwischen viel zu viele gibt, die immer nur auf Nummer sicher gehen.