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Von Alexander Maier

Esslingen - Es gibt nichts, was man sich nicht erträumen könnte, doch die Erfüllung unserer kühnsten Hoffnungen kann manchmal unerreichbar scheinen. Dann kann man entweder aufgeben - oder alles versuchen, damit der große Traum doch noch Wirklichkeit wird. Im wahren Leben ist das leider nicht immer ganz so einfach, doch in der Wunderwelt des Lichtspiels geht vieles weitaus einfacher. Eines jener modernen Märchen, in denen ein Mädchen über sich hinaus wächst, erzählen Éric Summer und Éric Warin in ihrem bezaubernden Animationsfilm, der von heute an in deutschen Kinos zu sehen ist. Und der Mut machen möchte, auf dem Weg zum großen Glück nie aufzugeben.

Die zwölfjährige Félicie (Foto: Wild Bunch) wächst in einem bretonischen Waisenhaus auf, wo im trostlosen Alltag der Kinder wenig Platz für kunterbunte Träume bleibt. Doch Félicie ist anders als die allermeisten Kinder dort. Keine Sekunde kann sie still sitzen - ihr ganzes Sinnen und Trachten gilt dem Tanzen. Damit eckt sie regelmäßig beim finsteren Hausmeister und der strengen Mutter Oberin an. Zum Glück gibt es da einen Jungen namens Victor, der mit Félicie einen Traum teilt: Gemeinsam wollen sie nach Paris - sie will Ballerina am Pariser Opernhaus werden, er ein berühmter Erfinder. Eigentlich gibt es aus dem Waisenhaus kein Entkommen, doch Victor baut einen Flugapparat. Der funktioniert leider nicht ganz so perfekt wie geplant, der fiese Hausmeister wird auf die Flucht der Kinder aufmerksam, und so beginnt eine wilde Jagd, die nach allerlei Irrungen und Wirrungen tatsächlich in Paris endet. Félicie und Victor können ihr Glück kaum fassen, verlieren einander jedoch im Großstadttrubel. Zufällig gelangt Félicie schließlich zum Opernhaus, wo sie fasziniert eine der Tänzerinnen beobachtet. Doch auch dort gibt es einen Hausmeister, der Félicie die Tür weist.

Unter falschem Namen gelingt es dem Mädchen, zum Vortanzen zugelassen zu werden. Doch ihre ersten Schritte gefallen dem strengen Ballettlehrer Monsieur Mérante gar nicht. Immerhin erkennt er, dass das Mädchen Talent hat. Als Félicies Namensschwindel auffliegt, erhält sie trotzdem die Chance, sich zu beweisen: Sollte sie in kürzester Zeit nennenswerte Fortschritte zu machen, darf sie weitermachen. Das scheint aussichtslos, doch zum Glück hat Félicie die traurige Odette kennengelernt, die wie Aschenputtel im Haus der feinen Régine Le Haut lebt. Odette geht an Krücken, doch mit dem Tanzen scheint sie sich auszukennen. Tatsächlich lässt sie sich erweichen, Félicie bei der schwierigen Herausforderung beizustehen.

Gewöhnlich sind die großen Trickfilmstudios in Hollywood auf die Animationsfilm-Hits abonniert - Éric Summer und Éric Warin wollten beweisen, dass auch die französischen Trickfilmer mit ihren US-Kollegen mithalten können. Mag sein, dass Hollywood tricktechnisch die Nase vorn hat. Dafür punktet „Ballerina“ mit viel Gefühl, liebenswerten Charakteren und einer einfach, aber sympathisch gestrickten Story, die Mut macht, Träume nie aus den Augen zu lassen. Und die zeigt, dass neben technischer Finesse auch Herz und Seele zum Tanzen gehören.

Ein Waisenmädchen träumt von einer großen Ballettkarriere und kämpft für sein Ziel. Kleine technische Schwächen gleicht dieser nette Trickfilm mit seiner Herzenswärme locker aus.