6 Foto: Arthaus Quelle: Unbekannt

Von Alexander Maier

Esslingen - Es gibt Geschichten, die darf man nicht vergessen, weil sie uns daran erinnern, wie wichtig es ist, wachsam zu bleiben und nicht zuzulassen, dass der Ungeist von Intoleranz und Rassismus um sich greift. Ernst Lossa war eines der vielen Opfer dessen, was die Nazis beschönigend „Euthanasie“ nannten: Menschen, die anders waren, wurden während des Dritten Reichs in Anstalten gesteckt und umgebracht, weil man ihr Leben als „unwert“ betrachtete. Vor neun Jahren hat der Autor Robert Domes seinen Tatsachenroman „Nebel im August“ veröffentlicht, in dem er Ernst Lossas Geschichte erzählte. Kai Wessel hat sie eindrucksvoll verfilmt. Nun ist dieses bewegende Kinodrama bei Arthaus auf DVD und Blu-Ray erschienen.

Der 13-jährige Ernst Lossa (Ivo Pietzcker) ist Halbwaise und Sohn eines fahrenden Händlers. Vor allem aber ist der Junge ein Freigeist, der sagt, was er denkt, und tut, was er für richtig hält. Und damit passt er so gar nicht ins ideologische Bild des Nationalsozialismus, das auf Anpassung und Gleichmacherei setzte. Ernst war schon in verschiedenen Kinder- und Erziehungsheimen - überall hat man ihn als „nicht erziehbar“ eingestuft. Schließlich wird der rebellische Junge Anfang der 40er-Jahre in eine Nervenheilanstalt gesteckt. Ernst merkt sofort, was dort vor sich geht: Der Klinikleiter Dr. Veithausen (Sebastian Koch) passt sich bereitwillig den Vorgaben der nationalsozialistischen Machthaber an und beginnt, seine Patienten systematisch umzubringen. Wer wie die Krankenschwester Sophia (Fritzi Haberlandt) seinen moralischen Kompass nicht verloren hat und Menschlichkeit zeigt, muss gehen. Doch Ernst begehrt auf und versucht, den behinderten Patienten zu helfen. Und als er merkt, dass das System übermächtig ist, entschließt er sich zusammen mit Nandl (Jule Hermann), seiner ersten Liebe, zur Flucht. Damit ist auch sein Leben in großer Gefahr.

Es ist eine zutiefst berührende Geschichte, die Kai Wessel in „Nebel im August“ erzählt. Sie macht betroffen, wenn man an das Unrecht denkt, das damals begangen wurde und das in der Person des Dr. Veithausen sein perfides Gesicht zeigt. Sie gibt aber auch Hoffnung, weil sie uns daran erinnert, dass es auch in düstersten Zeiten Menschen gab, die zu helfen versuchten wie jene Schwester Sophia, deren innere Kämpfe Fritzi Haberlandt so eindrucksvoll zeigt. Den größten Eindruck hinterlässt jedoch Ivo Pietzker in der Rolle des mutigen Ernst Lossa, der uns nie vergessen lässt, dass es eine scharfe Waffe gegen Unrecht und Tyrannei gibt: die Menschlichkeit. Das macht diese Geschichte und speziell Kai Wessels Kinodrama so wertvoll.