Von Alexander Maier

Esslingen - Es gibt Filme, die setzen Maßstäbe für die Ewigkeit - so wie Jacques Derays Drama „Der Swimmingpool“ mit Alain Delon und Romy Schneider aus dem Jahre 1969. Eigentlich verbietet es sich, solche Klassiker neu zu verfilmen, weil die Qualität des Remakes selten an die des Originals heranreicht. Der italienische Regisseur Luca Guadagnino hat’s trotzdem gewagt und zumindest im ersten Teil seines sinnlichen Krimi-Dramas „A bigger Splash“ bewiesen, dass man einem Kultfilm neue Seiten abzugewinnen vermag.

Guadagnino hat die Geschichte in unsere Gegenwart übertragen: Weil sie den Trubel im Scheinwerferlicht ein Weilchen hinter sich lassen will, sucht Rockstar Marianne (Tilda Swinton) mit ihrem Ehemann Paul (Matthias Schoenaerts) die Ruhe der sizilianischen Insel Pantelleria. Sie lieben sich leidenschaftlich im Pool, die Idylle scheint perfekt - dass ganz in der Nähe Flüchtlinge ums Überleben kämpfen, übersehen sie großzügig. Marianne, die sich wie David Bowie gibt, hat eine Stimmbandoperation hinter sich. Ob sie je wieder auf der Bühne stehen kann, ist unklar. Doch mit der Ruhe auf Pantelleria ist es vorbei, als Mariannes einstiger Lover Harry (Ralph Fiennes) auftaucht - im Schlepptau hat er die verführerische Penelope (Dakota Johnson), die er als seine Tochter vorstellt.

Nähe macht verletzlich

Es dauert nicht lange, bis die anfängliche Harmonie ins Wanken gerät, weil die intime Nähe zwischen diesen vier Menschen verletzlich macht. Harry drängt sich ungeniert in den Vordergrund und versucht, Marianne zu beeindrucken, weil er sie Paul nicht gönnt. Und der verfällt mehr und mehr der lasziven Ausstrahlung von Penelope, die Gefallen daran findet, ihn vom Pfad der Tugend abzubringen. Alles wird immer zügelloser, und die vier geraten in einen gefährlichen Sog aus Eifersucht, Leidenschaft und sexueller Obsession, der tödliche Gefahren birgt ...

Luca Guadagnino charakterisiert „A bigger Splash“ als „einen Film über Liebe, Schönheit, Begierde, Sexualität und die Gefahr, die von einem alten Liebhaber ausgeht, der durch seine Anwesenheit und durch sein Handeln destruktives Verhalten auslöst. Die Protagonisten werden in ihre Vergangenheit zurückversetzt, und durch die Entfesselung dieser Vergangenheit sind die Charaktere auf die intimste Version ihrer selbst reduziert. Brennende Leidenschaft und sexuelles Verlangen wecken die dunklen Seiten in ihnen.“

Man kann sich der prickelnden Atmosphäre, die dieser Film vor allem im ersten Teil spürbar macht, nur schwerlich entziehen. Die Luft scheint zu brennen, Sehnsucht und Verlangen sind mit Händen zu greifen. Ralph Fiennes interpretiert Mariannes Verflossenen großartig als Fiesling mit Charisma, der ständig unter Strom steht und seine verletzliche Seite geschickt verbirgt. Als Musikproduzent hat er seine besten Jahre hinter sich. Dennoch ist er das personifizierte Selbstbewusstsein - und damit ganz anders als der erfolglose Dokumentarfilmer Paul, den Matthias Schoenaerts klar im Schatten von Marianne stehen lässt und der nicht weiß, wie er seinem Konkurrenten begegnen soll. Die wunderbare Tilda Swinton zeigt Marianne als undurchschaubare Frau, die zunächst alles nur geschehen lässt. Und die ganz froh zu sein scheint, dass sie nach ihrer Operation nicht reden und dem Schauspiel bloß zuschauen darf.

Vier Menschen werden inmitten einer Urlaubsidylle unversehens in einen Strudel aus Leidenschaft, Obsession und alten Verstrickungen gerissen. Und Ralph Fiennes dominiert zusehends das Geschehen, das unverkennbar auf eine Katastrophe zusteuert.